Haltung mehrerer Hunde

Ein Beitrag von Andrea Buisman, fachliche Leitung des DOGS Studiums und Autorin

Hunde sind Rudeltiere, sie leben nicht gerne alleine… Und so geht auch in Deutschland der Trend bei vielen Hundehaltern zum Zweithund, oder sogar zur Haltung von drei, vier oder mehr Hunden.

Dennoch: Nicht jeder Hund kann einfach so mit einem anderen Hund vergesellschaftet werden. Denn wenn die Hunde nicht zusammenpassen, sind Probleme schon vorprogrammiert. Daher sollte man sich – genauso wie bei der Anschaffung des ersten Hundes – bereits vor dem Einzug des Zweithundes Gedanken machen, welche Kriterien das neue Familienmitglied erfüllen muss.

So müssen dann allgemeine Kriterien, wie z.B. körperliche Möglichkeiten des Menschen, finanzielle Aspekte, Größe des Autos, Zeit und Bezugsperson geklärt werden, zum anderen muss man sich aber auch Gedanken über die Auswahl des neuen Hundes in Bezug auf den bereits vorhandenen Hund machen. Alter, Geschlecht, Größe und Rasse stehen hierbei im Vordergrund der Überlegungen.

Allgemeine Aspekte zur Auswahl eines weiteren Hundes

Die räumliche Situation spielt bei der Haltung mehrerer Hunde keine so große Rolle. So können z.B. auch drei große Hunde mit ihrem Menschen problemlos in einer 50 qm großen Wohnung leben. Denn in der Wohnung finden generell keine dynamischen Aktionen statt, sie ist die Ruhezone für alle. Solange also drei Schlafplätze für die Hunde in der Wohnung untergebracht werden können, sodass sich jeder Hund, wenn er mag, auch einmal zurückziehen kann, reicht der Platz vollkommen aus. Natürlich ist es schön, wenn man einen großen Garten hat, in dem die Hunde auch miteinander spielen und toben können. Dies kann aber durchaus auch – genauso wie das Training verschiedener Beschäftigungsformen – draußen in Feld, Wald und Flur erfolgen. In Bezug auf das Auto müssen die Platzmöglichkeiten aber gut überdacht werden. Kann man alle Hunde so unterbringen, dass sie gesichert transportiert werden können? Ein weiterer Aspekt, der bedacht werden muss, bezieht sich auf die Größe der Hunde. Handelt es sich um kleine Hunde, wie z.B. Havaneser oder Cairn Terrier, wird eine erwachsene und gesunde Person vermutlich kein Problem damit haben, anstelle von einem Hund nun auch zwei oder drei Hunde an der Leine spazieren zu führen. Handelt es sich bei den Hunden aber z.B. um Golden Retriever oder noch größere Hunde, wie z.B. Neufundländer, kann der Spaziergang mit allen Hunden gemeinsam gegebenenfalls gefährlich werden. Was passiert, wenn auf einmal alle drei Hunde in die Leine springen, weil vor ihnen eine Katze flüchtet, oder aber sie sich aufgrund eines lauten Geräusches wie z.B. einer zuknallenden Autotür erschrecken? Ein Mensch muss seine Hunde auch in einer plötzlich auftretenden Situation immer halten können, denn sonst werden sie zur Gefahr für sich selbst, den Halter und eventuell auch andere beteiligte Personen. Hier wird schnell klar: Je mehr Hunde man hält, desto besser müssen diese auch erzogen sein! Zwei oder mehr Hunde zu halten, bedeutet daher einen deutlich größeren Zeitaufwand als die Haltung eines Hundes. Beide Hunde müssen versorgt, beschäftigt, trainiert und erzogen werden.

Welcher Hund passt zum Ersthund?

Doch welcher Hund passt nun zu meinem Hund? Um den passenden Begleiter für einen Hund zu finden, kann eine Einschätzung des bereits vorhandenen Hundes durch einen professionellen Hundetrainer hilfreich sein. Denn nur wer seinen Hund wirklich kennt, seine Eigenschaften und Bedürfnisse wahrnimmt, kann diese bei der Auswahl eines Partner auf vier Pfoten berücksichtigen. Generell ist es in der Regel sinnvoll, wenn der bereits in der Familie lebende Hund drei bis vier Jahre älter ist als der neu einziehende Hund. Hunde im gleichen Lebensalter haben identische Interessen, und gerade junge Hunde schließen sich dann schnell zu einer Interessen- und Spielgemeinschaft zusammen, die der Mensch nur schwer durchbrechen kann. Ob man nun aber die gleiche oder eine vollkommen andere Rasse wählt, hängt auch von den Bedürfnissen des Menschen ab. Wer Jagdhunde und ihr oft eher stürmisches und distanzloses Verhalten liebt, wird sich vermutlich kaum mit einem eher distanzierten und vorsichtigen Windhund wohl fühlen. Wer gerne mit seinem Retriever im Feld und Wald unterwegs ist, fasziniert vom Apportiertraining in Perfektion, wird kaum mit einem Border Collie glücklich werden, der anstatt Dinge durch die Gegend zu schleppen, am liebsten alles was sich bewegt hüten möchte.

Zudem kann es bei einigen Rassekombinationen Schwierigkeiten bei der Verständigung geben. Obwohl Hunde im Grunde genommen eine Sprache sprechen, kann es durch die unterschiedlichen Kommunikationsformen durchaus auch unter Hunden zu Missverständnissen kommen. Der territoriale Hovawart findet das als Spielaufforderung gemeinte Anrempeln des Labrador Retrievers unter Umständen gar nicht lustig, und korrigiert den Labrador heftig. Dieser versteht dann die Welt nicht mehr. Warum nur gab es hier Ärger? Sollen diese beiden Hunde nun zusammen leben, muss der Mensch gegebenenfalls immer wieder regulierend eingreifen, um ein harmonisches Zusammenleben zu ermöglichen.

Regeln für das Zusammenleben mit zwei oder mehr Hunden

„Die machen das schon unter sich aus!“ Diesen Satz hat wohl jeder schon einmal gehört, der mit seinem Hund auf andere Hunde getroffen ist. Doch was bei einer zufälligen Begegnung mit fremden Hunden auf keinen Fall gilt, hat bei eng miteinander lebenden Hunden eine ganz andere Bedeutung. Hunde, die zusammen in einer Familie leben, müssen ihre Beziehung zueinander ausloten. Nur wenn man weiß, welche Position man innehat, welche Rechte man hat und wo man sich besser zurückhält, kann ein harmonisches Zusammenleben erfolgen. Würde hier der Mensch ständig regulierend eingreifen, könnten die zusammenlebenden Hunde keine eindeutige Beziehung zueinander aufbauen. So wird es unter Umständen gerade in der ersten Zeit auch einmal laut werden, wenn einer der Hunde sich vom anderen abgrenzen will. Gerade der bereits in der Familie lebende Hund ist oft am Anfang gar nicht so begeistert vom Familienzuwachs. Wo bisher sämtliches Spielzeug und Futter ihm gehörte, und der Platz ganz nahe neben Herrchen oder Frauchen ihm sicher war, muss er auf einmal teilen. Verständlich, dass dies nicht einfach so hingenommen wird. Und so muss der Neuzugang, gerade wenn es sich um einen jüngeren Hund wie z.B. einen Welpen handelt, erst einmal lernen, an welche Regeln er sich halten muss. Wann ist spielen erlaubt, wann darf man miteinander zusammen im Körbchen liegen, und wann hält man besser Abstand und nervt den Althund nicht? All dies müssen die Hunde selbst klären. Erst mit der Zeit werden die beiden Hunde zueinanderfinden und feststellen, dass ein Hundekumpel auch viele Vorteile haben kann. Wem geht nicht das Herz auf, wenn er zuschauen kann, wie seine beiden Hunde gemeinsam im Körbchen liegen und sich genüsslich die Ohren auslecken? Und wenn beide dann zusammen über die Wiese toben, sich verfolgen, miteinander über den Rasen kugeln oder gemeinsam um eine Beute streiten, stehen wir Menschen fasziniert daneben und können den Blick gar nicht mehr abwenden.

Doch nicht immer passen zwei Hunde so harmonisch zueinander. Und dann muss auch in einer Lebensgemeinschaft mehrerer Hunde der Mensch eingreifen. Ist einer der Hunde z.B. schon sehr alt und kann sich der spielerischen Attacken des Jungspundes nicht erwehren, muss der Mensch hinzukommen und den Junghund in die Schranken weisen. Und auch wenn ein Streit so ausartet, dass die Gefahr einer ernsthaften Verletzung besteht, muss der Mensch die Kontrahenten trennen und erst einmal für Ruhe sorgen. Hier ist dann jedoch viel Feingefühl gefragt, wenn die beiden Hunde wieder zusammengelassen werden. Was war Ursache für den Streit? Ging es nur um das Lieblingsspielzeug, wird die Zusammenführung vermutlich problemlos möglich sein, wenn dieses einfach weggeräumt wurde. Sind andere Gründe Ursache für den Streit, müssen diese genau analysiert und ein entsprechender Trainingsplan erstellt werden. Hier hilft dann wieder der professionelle Hundetrainer, der die Hunde im Umgang miteinander und mit dem Menschen beobachtet. Oftmals reichen bereits kleine Veränderungen des Menschen im Umgang mit den Hunden, um die Atmosphäre wieder zu entspannen.

Viele weitere Informationen zur Auswahl eines zweiten bzw. weiteren Hundes sowie zum Management und Training mehrerer Hunde, findest Du im neu erschienenen Buch „Haltung mehrerer Hunde“ von Martin Rütter und Andrea Buisman. Erhältlich bei uns im Rütter’s Shop!