Zur Martin Rütter DOGS Hauptseite

Bernhardiner

Ein Artikel unserer DOGS Partnerin Heike Kleinhans (Martin Rütter DOGS Bielefeld/Gütersloh)

Augustiner-Mönche gründeten im 11. Jahrhundert ein Hospiz auf der Passhöhe des Großen St. Bernhard (2469 m). Es diente Reisenden und Pilgern als Zuflucht. 

Der Hund von den Mönchen am Großen St. Bernhard

Vermutlich ab Mitte des 17. Jahrhunderts hielten die Mönche dort große Berghunde, die als Schutz- und Wachhunde, aber auch als Lawinen- und Bergführerhunde eingesetzt wurden. Die Hunde stammten aus der Umgebung und waren die Vorfahren der heutigen Sennenhunde, welche wiederum Nachkommen der römischen Molosser waren, die vor etwa 2000 Jahren mit römischen Truppen in die Alpenregion kamen.

Erstmals bekannt wurde der „St. Bernhardshund“ durch den legendären Lawinenhund Barry, der von 1800 bis 1812 bei den Mönchen gelebt hat und als Lawinenhund mindestens 40 Menschen gerettet haben soll. Die frühen St. Bernhardshunde hatten mit den heutigen Bernhardinern äußerlich kaum Ähnlichkeit. Weder von der Größe – sie waren viel kleiner und leichter – noch von den Farben her entsprachen sie den heutigen Hunden. Das Aussehen vereinheitlichte sich allmählich im 19. Jahrhundert. Zur Kurzhaarvariante kam die für die Arbeit auf dem Pass ungeeignete Langhaarvariante hinzu. Vielerorts gebrauchte man die Bernhardiner in der Schweiz schließlich auch als Hirten- und Bauernhunde. Der Schweizer Standard wurde 1887 allgemein anerkannt. Er gilt seither als Schweizer Nationalhund.

Züchterische Entwicklung: Aus dem agilen Rettungshund wurde ein behäbiger Koloss

Anfang des 20. Jahrhunderts waren die Bernhardiner viel leichter und kleiner als heute. Der Ur-Bernhardiner wog nicht mehr als 40 bis 50 Kilogramm. Aus den widerstandsfähigen, im Hochgebirge der Alpen arbeitenden Hunden wurden regelrechte Kolosse. Der Bernhardiner zählt heute zu den schwersten Hunderassen. Als Rettungshund ist er seit Jahrzehnten nicht mehr geeignet und die Anzeichen von Qualzucht sind in einigen Zuchtlinien unübersehbar. Gegen die Fehlentwicklung in der Zucht haben sich einige Rassefans inzwischen engagiert. Das macht zumindest ein wenig Hoffnung für die Zukunft dieser Hunderasse.

Laut aktuellem Rassestandard werden Hündinnen mindestens 65 cm und höchstens 80 cm groß sowie Rüden mindestens 70 cm und höchstens 90 cm.  Das Fell ist stock- oder langhaarig mit reichlich Unterwolle in weiß mit rotbraun oder rotbraun mit weiß in verschiedenen Abstufungen. An Brust, Pfoten, Nase, Hals und Rutenspitze sollten weiße Abzeichen sein. Eine weiße Halskrause und eine symmetrische dunkle Maske sind gewünscht.

Kinderlieber Beschützer

Eine ausgeprägte soziale und territoriale Motivation ist den meisten Bernhardinern in die Wiege gelegt. Schaut man sich die beschriebene Geschichte als Rettungs-, Hof- und Wachhunde an, ist das auch nicht verwunderlich.

Gegenüber seiner Familie ist der Bernhardiner sanftmütig, liebevoll und anhänglich, vor allem bei den Kindern. Er liebt den engen Kontakt zu seinen Menschen. Die Kehrseite ist allerdings, dass er häufig auch sehr eigenständig und selbstständig ist sowie ein ausgeprägtes beschützendes Verhalten in Bezug auf seine Familie zeigt. Diese und sein Territorium verteidigt er gegebenenfalls ohne Kompromisse und äußerst wirkungsvoll - wenn man ihn machen lässt.

Für Halterinnen und Halter eines Berhardinerwelpen ist es daher sinnvoll, bereits vor dem Einzug Kontakt zu einer Hundeschule aufzunehmen. Diese kann umfassend darüber informieren, wie man dem Bernhardiner von Beginn an territoriale Verantwortung abnimmt und unterstützt in einem Welpenkurs bei der wichtigen Sozialisierung der großen Hunde. Und auch das Thema artgerechte und rassespezifische Auslastung wird hier auf den Plan kommen. Vor allem im Winter ist der Bernhardiner zu langen Spaziergängen, Mantrailing, Fährtenarbeit und auch Zughundesport aufgelegt. Schon bei etwas wärmeren Temperaturen muss man es mit dem Bernhardiner allerdings langsam angehen lassen.

Großer Hund mit großen gesundheitlichen Problemen

Das Hauptproblem des Bernhardiners ist die extreme Größe. Die Welpen und Junghunde wachsen häufig zu schnell heran, was eine Herausforderung für den ganzen Körper darstellt. Auch die Köpfe wurden teilweise ungesund groß gezüchtet. Das kann schon bei der Geburt zu Problemen führen. Das Ektropium (Hängeauge oder Hängelid) ist bei großen Köpfen ein weit verbreitetes Problem, das besonderer Pflege bedarf und die Augen im schlimmsten Fall nachhaltig schädigen kann. Die Tiermedizinische Hochschule Hannover zählt den Bernhardiner zu den Rassen, bei denen gehäuft Epilepsie vorkommt. Bernhardiner sind außerdem – wie viele große Rassen – von Hüftgelenksdysplasie, Osteosarkomen (Knochenkrebs) und anderen Krankheiten des Skelettes betroffen. Auch Magendrehungen kommen oft vor.

Insgesamt hat der Bernhardiner eine geringe Lebenserwartung. 30 Prozent der Hunde sterben vor dem Alter von fünf Jahren, 52 Prozent vor dem Alter von acht Jahren, und 74 Prozent werden keine zehn Jahre alt.

Die Legende mit dem Fässchen

Viele assoziieren mit dem Bernhardiner einen Lawinenhund in den Schweizer Alpen, der ein Fässchen mit Schnaps oder Rum um den Hals trägt. Das ist allerdings eine Legende. Es handelt sich dabei um einen Marketinggag der Werbewirtschaft. Trotzdem hat auch „Barry“ im Naturhistorischen Museum in Bern ein Schnapsfass um den Hals gebunden.

Zur Berühmtheit der Rasse trug auch die Komödie „Ein Hund namens Beethoven“ aus dem Jahr 1992 bei, in der ein Bernhardiner das Leben einer Familie vollkommen auf den Kopf stellt und sich ständig neuen, lustigen Blödsinn einfallen lässt.