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FAQ zum Thema Kastration beim Hund

Ein Artikel unseres Kollegen Marc Lindhorst der Hundeschule Martin Rütter DOGS Kiel/Lübeck.

Viele Hundehalter beschäftigen sich mindestens einmal im Zusammenleben mit ihrem Hund mit der Frage der Kastration. Viele Hoffnungen, Sorgen und Ängste sind mit diesem Eingriff verbunden und daher stellt sich für viele Hundehalter die Frage nach Sinn oder Unsinn einer Kastration des eigenen Hundes.


Im folgenden Beitrag möchte ich Antworten auf die meistgestellten Fragen zum Thema „Kastration beim Hund“ geben.

 

Warum werden Hunde kastriert?

 

Es gibt etliche Gründe, warum Hunde kastriert werden. In der von Dr.Gabriele Niepel im Jahr 2002 durchgeführten Bielefelder Studie wurde den Gründen und Auswirkungen einer Kastration bei Hunden nachgegangen. Neben den tatsächlich medizinischen Gründen, die für eine Kastration sprechen, werden vor allem Hündinnen teilweise sehr früh kastriert, um möglichen zukünftigen Krankheiten vorzubeugen. Dabei wird außer Acht gelassen, dass sich das Risiko anderer Erkrankungen nach einer Kastration erhöht und die Operation durchaus mit nicht unerheblichen Risiken für die Hunde verbunden ist.


Einige Hunde werden auch kastriert, um das Zusammenleben mit dem Hund zu vereinfachen oder weil bei einer Mehrhundehaltung eine unkontrollierte Fortpflanzung verhindert werden soll. Bei letzterem Grund wäre eine Sterilisation eine geeignete Alternative.


Neben diesen Gründen erhoffen sich einige Hundehalter auch Veränderungen im Verhalten ihres Vierbeiners und wissen leider nicht, dass viele Verhaltensweisen nicht durch die Geschlechtshormone gesteuert werden und dass sowohl Testosteron als auch Östrogen nicht nur im Bereich der Fortpflanzung eine Rolle spielen. So kann es in manchen Fällen nach einer Kastration zu keiner Veränderung des entsprechenden Verhaltens kommen oder sogar zu einer Verschlechterung.


Das in Deutschland geltende Tierschutzgesetz gibt im §6 einen sehr engen Rahmen vor, in dem eine Kastration beim Hund durchgeführt werden darf. Die Kastration ist gesetzlich nur dann erlaubt, wenn sie im Einzelfall medizinisch indiziert ist oder zur Verhinderung einer unkontrollierten Fortpflanzung oder zur weiteren Haltung des Tieres notwendig ist und keine tierärztlichen Bedenken dem entgegenstehen. Die Kastration zur Prävention möglicher zukünftiger Erkrankungen des Hundes wird gesetzlich nicht abgedeckt.


Generell erfordert daher jede Kastration eines Hundes eine Einzelfallprüfung und daher sind Verpflichtungsklauseln zur Kastration in Vermittlungsverträgen von Tierschutzhunden rechtlich unzulässig. Ob ein Hund aus dem Tierschutz unter den in Deutschland vorhandenen Haltungsbedingungen kastriert werden sollte, muss wie bereits erwähnt im Einzelfall entschieden werden.

 

Kastration – Sterilisation, wo ist da der Unterschied?

 

Viele Hundehalter werfen die beiden Begriffe der „Kastration“ und „Sterilisation“ durcheinander und glauben, dass derselbe medizinische Eingriff bei einer Hündin Sterilisation heiße und man beim Rüden von einer Kastration spreche. Dem ist aber nicht so.


Von einer Kastration spricht man, wenn die hormonproduzierenden Keimdrüsen des Hundes entfernt werden, beim Rüden also die Hoden und bei der Hündin die Eierstöcke. Bei der Sterilisation werden jedoch die keimableitenden Wege, sprich Samen- und Eilleiter durchtrennt oder (teilweise) herausgenommen, so dass keine Keimzellen mehr transportiert werden können. Beide Operationen machen den Hund unfruchtbar. Der Vorteil der Sterilisation ist hierbei, dass nicht in den Hormonhaushalt des Hundes eingegriffen wird, was natürlich auch einen Nachteil darstellen kann, denn die hormonell bedingten Verhaltensweisen und möglichen Erkrankungen bleiben bestehen.

 

Kann eine Kastration Verhaltensprobleme lösen?

 

Diese Frage kann nicht pauschal mit Ja oder Nein beantwortet werden. Sind die entsprechenden Verhaltensweisen durch die Sexualhormone beeinflusst, kann eine Kastration in manchen Fällen zu Verhaltensänderungen führen. Sind die Verhaltensweisen aber erlernt oder Ausdruck einer fehlenden Erziehung wird eine Kastration zu keiner Veränderung führen und in manchen Fällen sogar zu einer Verschlimmerung.

 

Sollte die Hündin während ihrer Läufigkeit zum vermehrten Streunen neigen und der Rüde ständig auf Freiersfüßen wandeln und dann zu Urinmarkieren im Haus neigen, vermehrt Jaulen, unruhig sein und kaum noch Fressen, dann kann eine Kastration hilfreich sein. Auch bei der echten Hypersexualität des Rüden verschafft die frühzeitige Kastration eine Verbesserung des Verhaltens. Das vermehrte Aufreitverhalten der meisten Junghunde ist meist aber nicht sexuell motiviert, sondern dient oft dem Stressabbau in Konfliktsituationen oder entsteht aus Langeweile. Es kann auch eingesetzt werden, um einen vermeintlichen Konkurrenten in seiner Bewegungsfreiheit einzuschränken. Daher ist es nötig, genauer hinzuschauen, wenn der eigene Hund einen Artgenossen besteigt. Ist vorher wenigstens ansatzweise irgendeine Form von Balzverhalten zu erkennen? Beschnüffelt und leckt der entsprechende Vierbeiner ausgiebig im Anal- und Genitalbereich seines Gegenübers und aktiviert sein Jacobsonsches Organ, erkennbar am zähflüssigen Absondern von Speichel in Kombination mit Zähneklappern und leichtem Kräuseln der Oberlippe? Falls nicht, handelt es sich in den meisten Fällen auch nicht um ein sexuell motiviertes Aufreiten und eine Kastration führt eher zu keiner Veränderung oder sogar zu einer Verschlimmerung im Aufreitverhalten.


Auch beim Thema Aggression und Kastration ist Vorsicht angesagt. Die Entstehung des Aggressionsverhaltens bei Hunden ist multikausal, d.h. oft gibt es nicht den einen Grund für das aggressive Verhalten. Sollte der eigene Rüde jedoch eine erhöhte Aggressionsbereitschaft nur gegenüber anderen potenten Rüden zeigen, mit Hündinnen oder nicht geschlechtsreifen und kastrierten Rüden keine Probleme haben, kann die Kastration zu einer Verhaltensänderung führen. Auch wenn zwei intakte Rüden gemeinsam in einem Haushalt leben, sich als sexuelle Konkurrenten sehen, es daher zu massiven Beißvorfällen kommt und eine Abgabe einer der beiden Rüden nicht möglich ist, kann die Kastration des Rüden mit dem geringeren Führungsanspruch sinnvoll sein. Diese muss dann aber bei den ersten Anzeichen frühzeitig geschehen, um das beginnende Aggressionsverhalten entsprechend zu reduzieren.

 

Verändert die Kastration das Wesen meines Hundes?

 

Durch die Kastration kommt es zu sofortigen hormonellen Umstellungen beim Hund. Die Verbrennungsleistung in der Zellatmung geht zurück und dadurch wird der Grundstoffwechsel um ca. 30% verringert. Einige Hunde erscheinen nach einer Kastration daher träger, brauchen sie doch jetzt nicht mehr so viel Energie. Testosteron und Östrogen haben darüber hinaus auch eine appetitdämpfende Wirkung, so dass bei vielen Hund nach der Kastration das Sättigungsgefühl später eintritt. Diese Veränderungen bedingen eine veränderte Fütterung des Hundes, ansonsten kommt es zu Übergewicht. Die Umstellung auf ein energiereduziertes Futter ist daher anzuraten. Falsch ist es, die Futtermenge einfach zu reduzieren, da somit auch die Menge an den lebensnotwendigen Mineralien, Vitaminen und Spurenelementen im Futter verringert wird und es zu Mangelerscheinungen führen kann.

  
Das Temperament des Hundes verändert sich nach der Kastration aber kaum. Daher bleiben viele kastrierte Hunde auch weiterhin sehr bewegungsfreudig und aktiv.


Einige kastrierte Rüden zeigen nach einer Kastration eine gesteigerte Aggression gegenüber gruppenfremden Lebewesen, wenn sich Jungtiere (dies schließt auch menschlichen Nachwuchs ein) in der eigenen Gruppe befinden. Grund dafür ist die nun vermehrte Wirkung des Prolaktins, das für das Brutpflegeverhalten verantwortlich ist.


Bei allen Verhaltensweisen, die Cortisol gesteuert sind, wird eine Kastration das gezeigte Verhalten eher verschlimmern, da die Geschlechtshormone als Gegenspieler zum passiven Stresshormon Cortisol fungieren. Futter- und Angstaggressionen sowie eine eher defensive motivierte Territorialverteidigung wird verstärkt gezeigt bzw. durch eine Kastration nicht beeinflusst. Da Cortisol auch mit der Entstehung einer echten Trennungsangst zu tun hat, kommt es auch in diesem Bereich zu einer Verschärfung der Problematik.


Ebenso wenig wird sich das Jagdverhalten nach einer Kastration nicht zum Wohle des Halters verändern. Vielmehr zeigen viele Hunde nach der Kastration ein gesteigertes Interesse am Verfolgen von Beutetieren, denn die Sexualhormone wirken eher dämpfend auf die Jagdleidenschaft des Hundes. Nehme ich meinem stark jagdlich motivierten Hund also die Geschlechtshormone, so kann sich dieser nun vermehrt dem Suchen und Hetzen widmen.


Auch bei Hündinnen, die sich ganzjährig sehr rüpelhaft gegenüber Artgenossen jeglichen Geschlechts und Alters zeigen, führt die Kastration eher nicht zu einer Verbesserung sondern in einigen Fällen sogar zu einer Verschlimmerung. Diese „Rüdinnen“ zeigen eher männliches Verhalten, sie heben zum Markieren das Bein und kümmern sich intensiv um die Revierverteidigung. Grund dafür ist der vorgeburtliche Einfluss des mütterlichen Testosterons, da dieses plazentagängig ist. Aber auch die Lage des weiblichen Embryos in der Gebärmutter kann solche vermännlichten Hündinnen erzeugen. Liegt die Hündin nämlich zwischen mehreren männlichen Geschwistern, kann über die Nabelschnur das von den Brüdern produzierte Testosteron in den Blutkreislauf der Schwester gelangen und dort zum Ende der zweiten Schwangerschaftswoche seine volle Wirkung entfalten. Der Programmierung des Gehirns in Richtung männlicherem Verhalten steht dann nichts mehr im Weg. Kastriere ich eine solche Hündin, nehme ihr also den hormonellen Gegenspieler, das Östrogen weg, hat das eigen produzierte Testosteron freie Bahn – mit all seinen negativen Wirkungen für den Halter.


Zusammenfassend kann also festgestellt werden, dass eine Kastration Wesensveränderungen herbeiführen kann. Diese können aber weder für den Halter noch für den betreffenden Hund positiv ausfallen. Daher muss in jedem Fall eine Einzelbetrachtung durchgeführt werden, um Vor- und Nachteile einer Kastration gegenüberzustellen und die eventuell nachfolgenden Wirkungen zu berücksichtigen.

 

Wann ist der richtige Zeitpunkt für eine Kastration?

 

Sollte eine Kastration unumgänglich sein, sollte diese frühestens nach Abschluss der Pubertät stattfinden, es sei denn eine dringende medizinische Indikation liegt vor. Als Anhaltspunkt für diesen Zeitpunkt kann bei der Hündin das Ende der dritten Läufigkeit, mit all ihren Folgeerscheinungen herangezogen werden. Je nach Rasse bzw. Größe der Hündin also zwischen dem 12. und 24.Monat. Dieser Zeitraum gilt ebenfalls für den Rüden.


Warum sollte ich also das Ende der Pubertät abwarten, bevor ich meinen Hund kastriere? Durch die Pubertät kommt es nicht nur zu wichtigen körperlichen Veränderungen beim Hund, sondern auch zu weitreichenden Umorganisationen im Gehirn. Erst nach Abschluss der Pubertät zeigt der Hund das für Erwachsene typisch rational-vernünftige Verhalten. Stimmungsschwankungen, eine erhöhte Reizbarkeit sowie Stressanfälligkeit und eher emotional gesteuertes Verhalten gehören dann der Vergangenheit an. Unser Vierbeiner ist dann auch in der Lage, Probleme viel effektiver zu lösen.


Findet aber eine Kastration vor diesem wichtigen Entwicklungsabschnitt statt, kann es nicht nur zu körperlichen Problemen im Bewegungsapparat und Herz-Kreislaufsystem kommen, sondern auch dazu führen, dass der betreffende Hund in der Pubertät steckenbleibt. Dann wird der Faktor der Nachsorge immens wichtig. Physiotherapie und verhaltensstabilisierende sowie stressbewältigende Trainingsschritte müssen nun frühzeitig unterstützend eingesetzt werden, um Risiken zu minimieren und die Lebensqualität von Hund und Mensch zu verbessern.

 

Welche Nebenwirkungen können durch eine Kastration auftreten?

 

Inkontinenz: Diese mögliche Nebenwirkung betrifft eher die kastrierten Hündinnen. Nach der hormonellen Veränderung durch die Kastration kann es passieren, dass der Schließmuskel nicht mehr ausreichend in der Lage ist, die Harnröhre abzudichten und es besonders im Schlaf zu unkontrolliertem Verlust von Urin kommt. Hündinnen mit einem Körpergewicht von über 20 Kilogramm sind eher von einer Inkontinenz betroffen. Auch die Rasse der kastrierten Hündin hat Einfluss auf diese Form der Blasenschwäche. So leiden ca. zwei Drittel der Boxer-, Dobermann-, Riesenschnauzer- und Rottweiler-Hündinnen nach der Kastration an Inkontinenz.

 

Fellveränderungen: Bei Hündinnen mit langhaarigem Fell und/oder roter Fellfarbe (z.B. Irish Setter, Cocker Spaniel, Dackel) bewirkt die Kastration oft ein vermehrtes Wachstum der Unterwolle, das Fell bekommt wieder ein eher welpenähnliches Aussehen. Bei Rüden entsteht in einigen Fällen ein stumpferes und flauschigeres Fell, da die Steuerungsfunktion des Testosterons auf die Talgdrüsen wegfällt. Bei beiden Geschlechtern kann es auch zum symmetrischen Haarausfall im hinteren Rumpf- und Flankenbereich kommen.

 

Übergewicht: Bei vielen kastrierten Hunden ist eine Gewichtszunahme feststellbar. Dafür ist der bereits erwähnte reduzierte Energiebedarf und die fehlende appetitdämpfende Wirkung der Geschlechtshormone nach der Kastration verantwortlich. Eine teuflische Kombination, da die Hunde nun ein größeres Hungergefühl verspüren, aber eigentlich weniger Energie benötigen. Wird die Ernährung daraufhin nicht angepasst, dann kann es zu Übergewicht mit all seinen gesundheitlich schädlichen Folgen (erhöhte Anfälligkeit für Diabetes Typ II, Herzkreislauferkrankungen, Verdauungsprobleme, erhöhtes Risiko von Harnsteinbildung, erhöhtes Narkoserisiko, Gelenkserkrankungen, verringerte Lebenserwartung) kommen.

 

Tumore: Viele Hündinnen werden bereits sehr früh kastriert, um das Risiko von Gesäuge- oder Gebärmuttertumoren zu verringern. Dass dieser prophylaktische Eingriff gemäß dem Deutschen Tierschutzgesetz unzulässig ist, wurde bereits erwähnt. Was vielen Hundehaltern jedoch nicht bewusst ist und auch nicht mitgeteilt wird ist, dass durch die Kastration das Risiko, an anderen Tumoren zu erkranken, höher wird. So haben z.B. kastrierte Rüden ein bis zu dreimal so hohes Risiko, an Prostatatumoren zu erkranken. Bei kastrierten Hündinnen können Tumore rund um den After und Schließmuskel (Perianaltumore) nun häufiger entstehen. Bei beiden Geschlechtern steigt durch die Kastration das Risiko der Bildung von Tumoren an Milz, Herz oder Knochen.

 

Bewegungsapparat: Bei allen kastrierten Hunden besteht eine erhöhte Gefahr für Gelenkfehlbildungen und Gelenkschäden. Hierbei gilt, je früher ein Hund kastriert wurde, desto größer das Risiko. Auch die Wahrscheinlichkeit von Kreuzbandrissen steigt bei Kastraten. Grund hierfür ist der verstärkte Muskelabbau und die eintretende Bindegewebsschwäche durch den Wegfall des Testosterons. Dieses Hormon führt normalerweise zur Bildung robusterer Knochen, einer Verstärkung der Skelettmuskulatur und des Bindegewebes. Sind bereits Schäden im Bewegungsapparat vorhanden oder in den Anlagen leider angelegt, dann wirkt sich eine Kastration noch verheerender aus. Eigentlich bräuchten diese Hunde eine besonders gut ausgebildete Haltemuskulatur und ein festes Bindegewebe, um wenigstens einen Teil der Belastung zu kompensieren.

 

Altersdemenz: Das weibliche Geschlechtshormon Östrogen sorgt im Gehirn dafür, dass das Protein, aus dem die Alzheimer-Ablagerungen hauptsächlich bestehen, weniger produziert wird und bestehende Ablagerungen abgebaut werden. Beim Rüden wird hierzu Testosteron im Gehirn zu Östrogen umgewandelt. Fällt aber diese Schutzfunktion des Östrogens weg, dann steigt das Risiko von Altersdemenz-Erscheinungen. Orientierungslosigkeit, Vergesslichkeit, gesteigerte Nervosität und teilweise Agressivität sowie Schlafstörungen sind im Alter nun eher und früher zu erwarten.

 

In welchen Fällen ist eine Kastration zwingend erforderlich?

 

Es gibt Erkrankungen, die eine Kastration unumgänglich machen. Bösartige Tumore an den Eierstöcken, der Gebärmutter, den Gesäugeleisten oder Hoden und Analbereich, die lebensbedrohlich sind, gehören zu solchen Erkrankungen. Da ohne Kastration ein erhöhtes Risiko besteht, dass diese Tumore nach deren Entfernung wieder entstehen, sollten die hormonproduzierenden Keimdrüsen entfernt werden.


Auch eine Gebärmuttervereiterung bzw. -entzündung kann beim wiederholten Auftreten lebensbedrohlich sein, daher ist auch hier eine Kastration anzuraten.


Einige Hündinnen produzieren zu viel Östrogen, so dass sich regelmäßig Zysten an den Eierstöcken bilden und es zu Haut- und Haarveränderungen sowie in manchen Fällen zu chronischen Ohrenentzündungen kommt. Diese Überproduktion des weiblichen Geschlechtshormons kann auch zu Veränderungen an der Gebärmutter führen. Bei dieser Ovariellen Imbalance Typ 1 ist ebenfalls eine Kastration aus medizinischen Gründen angebracht.


Neigt die Hündin zu Vaginalhyperplasien (abnormalen Anschwellen des Scheidengewebes in den Zyklusphasen Proöstrus und Östrus) oder Vaginalprolapsen (Scheidenvorfällen) und bestehen dadurch gesundheitliche Risiken, dann macht eine Kastration zwecks Verhinderung eines Rückfalls Sinn.
Auch eine Diabetes mellitus erfordert eine sofortige Kastration der Hündin, da Östrogene die Wirkung der nötigen Medikamente behindern.


Beim Rüden sprechen folgende Erkrankungen für eine medizinisch begründete Kastration: Bösartige Hodentumore, regelmäßige Hodenentzündungen, ernste Hodenverletzungen, bösartige Prostatatumore sowie Perianaltumore oder Perinealhernie (Dammbruch).


Ebenso sollte bei einem beidseitigen Hodenhochstand eine Kastration beim Rüden durchgeführt werden, da es ansonsten zu tumorösen Entartungen der im Bauchraum verbliebenen Hoden kommen kann. Bei einem einseitigen Kryptorchismus reicht es jedoch, nur den im Bauchraum vorhandenen Hoden zu entfernen und durch eine Sterilisation die Weitergabe dieser Erbkrankheit zu verhindern.

 

Gibt es Alternativen zur chirurgischen Kastration?

 

Momentan gibt es für Rüden die Möglichkeit, mithilfe eines chipartigen Implantats, diese vorübergehend hormonell ruhig zu stellen sowie unfruchtbar zu machen und somit eine Kastration zu simulieren. Durch den im Implantat enthaltenen Wirkstoff wird die Produktion bestimmter Hormone gedrosselt, die für einen funktionierenden Sexualzyklus notwendig sind. Nach einer Vorlaufzeit von bis zu acht Wochen ist die körpereigene Testosteronproduktion dann für die Dauer von sechs bzw. zwölf Monaten (je nach Implantat) vollständig herabgesetzt. Dies ist sogar äußerlich sichtbar, da die Hoden beim gechipten Rüden merklich kleiner werden. Durch den Wirkmechanismus des Implantats kommt es zu Beginn zu einer verstärkten Hormonausschüttung mit dem verbundenen Anstieg des testosteronbedingten Verhaltens. Einige Rüden reagieren daher in den ersten vier bis sechs Wochen sehr nervig und übermäßig sexualisiert. Dieses Verhalten kann ebenfalls zum Ende der Wirkung des Kastrationschips nochmal auftauchen, der Rüde durchläuft dann eine Art zweite Pubertät. Nachdem das Implantat seine Wirkung verloren hat, ist der Rüde dann auch wieder voll fortpflanzungsfähig.


Es ist davon abzuraten, diesen Kastrationschip vor dem Ende des Wachstumsprozesses anzuwenden, da dieser auch Einfluss auf die Verknöcherung der Wachstumsfuge sowie auf andere Veränderungen im Bewegungsapparat haben kann.


Leider bestehen bei Hündinnen derzeit keine medikamentösen Alternativen zur chirurgischen Kastration zur Verfügung, bei denen nicht mit massiven Nebenwirkungen zu rechnen ist.

 

Woran sollte ich nach einer Kastration denken?

 

Wie bereits weiter oben geschildert, bewirkt eine Kastration beim Hund Veränderungen des Verhaltens, der Persönlichkeit und hat Einfluss auf körperliche und gesundheitliche Merkmale. Daher sollten bei der zukünftigen Haltung einige Dinge beachtet werden.

 

Ernährung: Damit der kastrierte Hund nicht übergewichtig wird, muss die Ernährung umgestellt werden. Ein reduzierter Energie- und Fettgehalt des Futters wird nun wichtig. Ebenso sollte der Anteil an Pflanzenfasern in der Nahrung erhöht werden, um ein besseres Sättigungsgefühl zu erreichen. Ein ausgewogener Mineral- und Vitamingehalt im Futter ist nicht nur für kastrierte Vierbeiner wichtig. Eventuell sollten auch Chondroitinsulfate oder Glukosamine zugeführt werden, da diese als Gelenkschutzfaktoren wirken.

 

Bewegung: Um den Bewegungsapparat des kastrierten Hundes fit zu halten, ist ein maßvolles, auf Alter und Konstitution des Hundes abgestimmtes Bewegungsprogramm sinnvoll. Sollten bereits körperliche Einschränkungen oder Schäden vorhanden sein, ist auch eine physiotherapeutische Behandlung oder die Unterstützung durch einen Osteopathen angeraten.

 

Training: Die Kastration führt zu einer eingeschränkten Hirnfunktion und macht den Hund anfälliger für Stress. Im Training sollte daher der Schwerpunkt auf Beschäftigungen gelegt werden, die dem Hund selbstverschaffte Erfolgserlebnisse ermöglichen. Hiermit werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Der dadurch erhöhte Dopamin-Spiegel wirkt der übermäßigen Cortisol-Produktion entgegen und dient darüber hinaus auch vorbeugend gegen mögliche Demenzerscheinungen.

 

Fazit

 

Die Kastration bewirkt keine Wunder und ersetzt auf keinen Fall den handlungsfähigen Menschen oder eine Verhaltenstherapie. Viele Verhaltensweisen, die den Halter im Zusammenleben mit seinem Hund stören, sind nicht durch die Sexualhormone bedingt. Daher wird eine Kastration in diesen Fällen keine Veränderung des betreffenden Verhaltens bewirken, sondern kann sogar zu einer Verschlimmerung führen. Nur wenn es sich tatsächlich um ­sexuell motiviertes Verhalten ­handelt, ist eine Kastration eventuell in Erwägung zu ziehen – aber dies sollte unbedingt im Vorfeld mit ­professioneller Hilfe durch genaue Analyse der auftretenden Situationen geklärt werden!


Vor dem endgültigen Schritt der Kastration, ist die chemische Kastration mittels Implantationschip zu empfehlen, der die Sexualhormonproduktion zeitweise unterdrückt. Somit kann für die Dauer der Wirksamkeit des Chips, das Verhalten ohne Einfluss des Sexualhormons beurteilt werden. Ggf. kann man in dieser Zeit auch mit Hilfe eines erfahrenen Hundetrainers eine Verhaltenskorrektur in so weit erreichen, dass das Verhalten auch nach der chemischen Kastration dauerhaft in bessere Bahnen gelenkt wird.


Jeder Hund muss also individuell betrachtet, die möglichen Veränderungen und deren Risiken bei der Entscheidung für eine Kastration bedacht werden.