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GOs und NO-GOs der Hundeerziehung - W .. wie Wurfkette

Wurfketten oder auch Trainingsdiscs werden in verschiedenen Trainingsmethoden gern und häufig zum Unterbinden von unerwünschten Verhaltensweisen eingesetzt. Durch den scheinbar schnellen Erfolg beeindruckt, verwenden immer mehr Hundehalter solche Hilfsmittel zur Erziehung des eigenen Vierbeiners. Was jedoch auf den ersten Blick harmlos wirkt, kann große nachhaltige Probleme schaffen.

 

Was sind Wurfketten oder Trainingsdiscs?

Für eine einfache Wurfkette muss man nicht tief in die Tasche greifen oder im Tierbedarf suchen, denn sie sind problemlos in jedem Baumarkt zu kaufen. Sie besteht aus mehreren Kettengliedern – im Normfallfall etwa sechs Stück, so dass sie noch gut in die Hand passt.

 

Trainingsdiscs sind meist 5 kleine Metallscheiben, die mittels einem Ring zusammengehalten werden. Da sie genau übereinander passen, können sie geräuschlos in der Hosentasche transportiert werden. 

 

Wie werden sie eingesetzt und welchen Nutzen haben diese Hilfsmittel?

Mit Wurfketten, Trainingsdiscs oder Rütteldosen arbeitet man nach dem Lernprinzip der positiven Bestrafung. Allein das Geräusch soll hierbei ein akustisches Erziehungsmittel sein, um dem Hund unerwünschte Verhaltensweisen abzutrainieren. Der Vierbeiner wird selbstverständlich hiermit nicht abgeworfen sondern soll sich lediglich von dem Geräusch beeindruckt zeigen indem man das jeweilige Hilfsmittel knapp vor ihm auf den Boden wirft. Es geht also nicht darum, einen Hund physisch zu beeindrucken oder zu verletzen.  

 

Der Effekt trainingstechnischer Sicht?

Grundsätzlich muss man sagen, dass die meisten unerwünschten Verhaltensweisen von Hunden fast ausschließlich auf Erziehungsfehlern basieren. Ganz gleich ob es um eine fehlende Leinenführigkeit, den unzuverlässigen Rückruf oder eine Leinenaggression geht. In fast allen Fällen haben es die Hundehalter schlichtweg versäumt und unterschätzt, den Vierbeinern ausreichen Struktur, Sicherheit, aber vor allem auch erwünschte Verhaltensweisen an die Hand zu geben. 

 

 

Die eigentliche Erziehung blieb bereits im Vorfeld auf der Strecke. Und ist das Kind erstmal in den Brunnen gefallen, wünschen sich Hundehalter von Trainern eine schnelle und möglichst unaufwändige Lösung. Doch allein die Korrektur des unerwünschten Verhaltens wird keine nachhaltige Besserung verschaffen! Warum nicht? Weil der Hund noch immer nicht weiß was er stattdessen tun soll! Kommuniziere ich meinen Hund ausschließlich was er nicht darf ohne ihm Lösungsmöglichkeiten an die Hand zu geben, kommt es einer erlernten Hilfslosigkeit gleich. 

 

Die unterschätzten Gefahren 

Insbesondere bei unsicheren oder geräuschempfindlichen Hunden sollte auf diese Form der Korrektur absolut verzichtet werden. Im schlimmsten Fall werden verschiedene Geräusche generalisiert und im Alltag trifft zunehmend Meideverhalten auf.

 

Besonders schwierig wird es bei Mensch-Hund-Beziehungen, in denen der Hund bislang noch wenige oder gar keine Regeln und Grenzen vom Menschen aufgezeigt bekommen hat. Ganz salopp gesagt, ist ihm das Wort „nein“ ein Fremdwort und ihm wird ununterbrochen vermittelt, dass sich der Mensch an ihm orientiert. Dies geschieht ganz einfach und schnell, in dem Hundehalter versuchen, ihren geliebten Vierbeinern alle Wünsche von den Augen abzulesen, sie möglichst sofort zu erfüllen und ihnen nach Möglichkeit alle Freiheiten der Welt lassen, damit sie „Hund sein“ können. 

 

Zu diesem „Hund sein dürfen“ gehören ihrer Ansicht nach jedoch kein Aggressionsverhalten jeglicher Art oder Freiheitsdrang. Obwohl dies biologisch betrachtet ein absolutes Normalverhalten wäre, ecken spätestens hier genau diese Hundehalter an und suchen nach raschen Lösungen. Da bislang Erziehung jeglicher Art nur bedingt in Frage kam, scheinen Korrekturen über gewisse Hilfsmittel verführerisch. 

Doch was passiert nun innerhalb dieser Beziehung beim Einsatz einer Wurfkette? Eine unverhältnismäßige Korrektur wird durch den Menschen gesetzt, der bislang im Zusammenleben noch niemals konsequent auf Regeln bestanden und der Hund niemals gelernt hat, Grenzen einzuhalten. Einerseits kann dies zu einer extremen Verunsicherung des Hundes führen, weil sein Mensch schlagartig und ohne Vorwarnung unberechenbar geworden ist. Das führt unter Umständen zu einem großen Vertrauensverlust. Andererseits kann es jedoch passieren, dass der Hund, der bislang Strukturen vorgelebt hat, diese Grenzsetzung überhaupt nicht wahrnimmt oder gar beim Halter in Frage stellt. Auch hier hätte diese Form der Korrektur eventuell eher gegenteilige Erfolge.

 

Wann der Einsatz sinnvoll sein kann

Grundsätzlich sind Grenzsetzungen wichtig. Im Idealfall kennt der Hund durch das Zusammenleben mit dem Menschen bereits eine gewisse Grundstruktur und hat gelernt sich an ihm zu orientieren. Wenn nicht muss dies im Training vorerst unbedingt nachgeholt werden. 

 

Bevor wir Verhaltensweisen mit oder ohne Hilfsmittel jeglicher Art (auf geräuschvolle verzichten wir) korrigieren, steht bei uns im Trainingsplan, dass der Hund zunächst über gewissenhaftes und konsequentes Training lernt, was eigentlich von ihm erwartet wird. So beginnen wir bspw. mit einem Leinenführigkeitstraining oder Abruftraining mit schrittweise steigernden Außenreizen. Tatsächlich ist es so, dass sich bereits durch eine überarbeitete Struktur im Alltag und gezielte Trainingsmaßnahmen die meisten unerwünschten Verhaltensweisen von selbst legen.

 

Bleiben letztendlich nach einer ausreichenden Trainingszeit (dies ist abhängig vom jeweiligen Mensch-Hund-Team!) ausschließlich ritualisierte Verhaltensweisen übrig, spricht nichts gegen eine Maßregelung. Doch sollte ganz klar betrachtet werden, dass wir dann nicht mehr das unerwünschte Verhalten an sich, wie bspw. das Jagen oder Aggressionsverhalten an der Leine, korrigieren, sondern die Nichteinhaltung des gegebenen Signals. Das wären in diesen Fällen bspw. der Abruf oder die angemessene Leinenführigkeit.  

 

Unterm Strich betrachtet, gehört zu einer harmonischen Mensch-Hund-Beziehung in unseren Augen nicht nur dazu, dem Hund zu vermitteln, was er nicht tun soll. Es soll vor allem darum gehen, dem Hund Lösungen an die Hand zu geben und zu sagen, was er stattdessen tun soll.  Genau dieser Schritt fehlt jedoch bei der ausschließlichen Korrektur unerwünschter Verhaltensweisen.