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Wissenswertes von A bis Z - Q .. wie Qualzucht

Eine eigene Industrie bemüht sich heute um die besten Produkte für die Ernährung, die Pflege, das Wohlbefinden und die Beschäftigung von Hunden. Der gesetzliche Tierschutz soll Grausamkeiten und Quälereien durch entsprechende Maßnahmen verhindern. Züchter und ihre Organisationen sollen die Eigenschaften und Qualität der Hunderassen aufrecht erhalten und weiterhin verbessern. Warum gibt es dann trotzdem noch immer nicht wenige Hunderassen, deren Zuchtergebnisse für die Tiere ein Leben mit Schmerzen, Leiden und Krankheiten mit sich bringen? 

 

Warum haben trotz aller dieser Errungenschaften die Besitzer solcher Hunde mit einer nicht geringen Wahrscheinlichkeit mit unzumutbar hohen Kosten, Kummer und Leid durch den Erwerb und die Haltung von Hunden dieser Rassen zu rechnen? Was ist hier offenbar völlig schief gelaufen? 


Der Hauptgrund dieser Fehlentwicklung ist wohl in dem menschlichen Streben nach Perfektion, also nach Vervollkommnung einer Rasse zu sehen. Das steht auch tatsächlich so in den Statuten der Züchtervereine. 

 

Sie alle suchen nach Verbesserung, nach der Optimierung ihrer Rasse – oder was sie dafür halten. Doch die Definition der gesuchten Verbesserung – der sog. Rassestandard – hat sich je nach Rasse in den letzten hundert Jahren wesentlich geändert. Die meisten Rassen haben, wenn sie zuvor Gebrauchshunderassen waren, ihre Aufgaben verloren. Die neue Aufgabe wurde nun die „Schönheit", also das perfekte Aussehen gemäß dem Standard. Nur zu bald jedoch kam es zu dessen maßloser Übertreibung.

 

Diese Übertreibung des Rassestandards ist eine häufige und wesentliche Form der Qualzucht. Unverständlich, dass so etwas eine „Verbesserung" sein soll. Vielmehr ist sie meist mit einer Verminderung der funktionellen und organischen Fähigkeiten sowie der Gesundheit des Hundes verbunden. Hunde­rassen, die im Aussehen schon von vornherein von der typischen Canidenanatomie auffallend abweichen, sind daher in großer Qualzuchtgefahr.

 

Das betrifft zum Beispiel die kurzbeinige Hunde, wie den Dachshund und die Bassetrassen. Bei ersterem wird durch kurze Läufe das Eindringen in den Dachs- und Fuchsbau ermöglicht, bei der Zwergform auch in den Kaninchenbau. Jedoch verglichen mit alten Bildern der Rasse sind deren Läufe noch viel kürzer geworden. Das verstärkt zusätzlich die Neigung dieser Rassen zu Bandscheibenvorfällen.

 

Lange Ohren werden vor allem auch bei den niederläufigen Jagdhunderassen mit Vorliebe noch gerne über­mäßig verlängert, beim Basset so sehr, dass er fast darauf tritt. Gern wird das mit einer besseren „Zusammenhaltung der Witterung" beim Fährten erklärt...

 

Ein weiteres Problem sind Falten: sie erfordern eine ständige aufmerksame Pflege, manche Rassen werden aber auf deren Übermaß gezüchtet, so etwa der Shar Pei, bei welchem in der westlichen „Hochzuchtform" manchmal Operationen an den sonst durch die Faltenmengen sozusagen „zuge­kniffenen" Augen nötig werden.

 

Wolliges, ständig wachsendes Haar ist an sich keine Qualzucht, sofern es regelmäßig gekürzt wird, wie etwa beim Pudel. 

 

Beim Puli oder Komondor wird das aber oft unterlassen, vor allem, wenn er ausgestellt werden soll, und das ist dann eher als „Qualhaltung" und nicht als Qualzucht zu qualifizieren. Der Hund hat dann zwar immer noch den Geruchssinn und den Tastsinn mit den Vibrissen – das sind die Tasthaare an der Schnauze – zur Verfügung, dennoch ist die züchterische Behinderung des Sehvermögens eine unzulässige Verirrung.

 

Allzu kleine Hunde (sog. „Teetassen"-) sind gleichfalls einer Reihe von Gefahren, Leiden und Behinderungen ausgesetzt. Gerade sie sind aber derzeit hoch in Mode, auch weil u. a. Paris Hilton und andere bekannte Personen sie bevorzugt präsentieren. Aber auch zu grosse Hunde haben viele gesundheitliche Probleme....

 

Die Nachfrage nach Hunden „fürs Liebhaben" wurde zu einem starken Motor zur Zucht durch Brachyzephalie(Kurzköpfigkeit bzw. Rundköpfigkeit) und zu extremen Zwergrassen. Damit entstanden die Qualzuchtprobleme beim Mops, dem Pekingesen und anderen Rassen. Aber sogar ein früherer Arbeitshund wie der Englische Bulldog wurde zum Opfer einer übertriebenen Schnauzen­verkürzung. Vor allem kleine kurzschnauzige Rassen wie der Mops regen beim Menschen den Pflegetrieb besonders an, da sie durch ihre Kopfform an Kleinkinder erinnern (sog. Kindchenschema). Weil dieser Trieb sehr stark ist und das die Nachfrage nach Hunden dieser Art fördert, wurden in den letzten Jahrzehnten verschiedenen Rassen ultraschnell die Nasen einfach „weggezüchtet". Das Resultat ist eine mehrfache Behinderung und oft schweres Leiden. Die Atmung ist oft eingeschränkt, vor allem bei höherer Temperatur. Die Wärmeregelung, die beim Hund vor allem in der Nase – und nur zum Teil durch Hecheln – erfolgt, ist beim kurznasigen Hund oft nicht mehr ausreichend, denn die Luftwege sind verengt und die Kühlung in den Nasenmuscheln kann nicht aus­reichend erfolgen. Beim Atmen entsteht dadurch oft ein schnarchendes Geräusch, das alles andere als Behaglichkeit ausdrückt, als was manchmal Mopsbesitzer dieses bezeichnen. Die ­Wärmeregulierung ist beim Hund schon von Natur aus keine sehr effektive, sie wird bei ­kurzer Schnauze daher noch geringer. Dafür ist bei Rassen wie dem Mops in der Nase einfach kein Platz mehr.

 

Qualzucht ist eine schwerwiegende Fehlentwicklung der Rassehundezucht. Sie wird bei vielen Rassen verursacht durch den Verlust der „Leistungszucht", was die einseitige Selektion lediglich nach dem äußeren Erscheinungsbild („Schönheit") mit sich brachte. Zudem wird dies auch noch durch modische Vorlieben verzerrt, erleichtert durch die einseitige Auswahl durch einen einzelnen Zuchtrichter in der Jahrmarktatmosphäre von Hundeausstellungen. Große, auffällige Hunderassen sowie kleine, kurzschnauzige sind durch diese Entwicklung besonders gefährdet.

 

Die Qualzucht ist für Wirbeltiere in Deutschland nach § 11b Tierschutzgesetz – außer für wissenschaftliche Zwecke – verboten!!!

 

Quelle: Martin Rütter DOGS Schwerin