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DOGS Tipp Juni: Hund und Kind – nicht immer ungefährlich

Kind und Hund gehören zusammen, das ist für viele Familien keine Frage. Doch nicht immer ist das Verhältnis zwischen Kind und Hund entspannt. Berichte über Beißvorfälle von Hunden gegenüber Kindern findet man in der Presse nicht selten und leider enden einige davon sogar auch tödlich für das Kind. Daher gibt es wichtige Regeln, die im Zusammenleben von Kind und Hund berücksichtigt werden müssen.

Bis vor kurzem war die Welt von Monika Helbig und ihrem sechs Jahre alten Jack Russell Terrier Rüden Anton noch in Ordnung. Doch seitdem Monikas Tochter Katja ein Baby zur Welt gebracht hat, ist Anton außer Rand und Band. Er versucht, nach dem Baby zu schnappen und will sogar in den Kinderwagen springen. Ein Zustand, der nicht nur für alle Beteiligten schwer zu ertragen, sondern zudem auch lebensgefährlich für Baby Ben sein kann.

Während die Tochter mit dem Baby auf dem Schoß auf dem Sofa sitzt, soll Frau Helbig den Terrier holen. Dabei soll dieser natürlich angeleint sein. Frau Helbig darf ihn nicht an das Baby heranlassen, denn Martin will natürlich keine Verletzung von Ben riskieren! Während Anton Martin begrüßt, hört er auf einmal das Baby. Anton richtet die Ohren auf, der Blick geht zu Baby Ben. Er geht auf das Baby zu, die Rute bewegt sich vor Erregung schnell hin und her. Anton beginnt zunächst leise zu kläffen. Als er jedoch merkt, dass er aufgrund der Leine nicht zu Ben kommt, steigert sich seine Erregung immer weiter. Er richtet sich auf den Hinterbeinen auf, springt in die Leine und bellt laut.
Martin testet nun, wie Anton sich draußen im Umgang mit dem Kinderwagen verhält. Für diesen Test ist Ben natürlich nicht im Kinderwagen, auch jetzt geht Martin keinerlei Risiko ein. Tochter Katja wartet mit Ben solange im Haus. Sobald Anton den Kinderwagen erblickt, rennt er aufgeregt darauf zu. Die Rute geht erneut erregt hin und her, Anton springt am Kinderwagen hoch und in diesen hinein. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn Baby Ben im Kinderwagen gelegen hätte! Anton schnüffelt intensiv im Kinderwagen und beginnt zu graben, sodass die Decken fast herausfliegen. Dieses Verhalten von Anton ist für Martin der Hinweis darauf, welche Ursache der Problematik zwischen Anton und Ben zu Grunde liegt: Anton zeigt Jagdverhalten! Starke Erregung, schnüffeln, buddeln, das sind alles Verhaltensweisen, die Hunde auf der Jagd nach Beute zeigen!

Anton soll daher nun für dieses Verhalten korrigiert werden, Martin will ihn dazu mit Wasser anspritzen. Anton darf nun im Garten frei laufen, während Martin und Herr Helbig in das Gehege der Hühner hineingehen. Sobald Anton bellend auf die Hühner zuläuft, geht Martin mit der Wasserflasche auf ihn zu und spritzt ihn an. Dabei nimmt er eine bedrohliche Körpersprache ein, er beugt sich vor und fixiert Anton. Anton ist zunächst irritiert. Was war das? Er schüttelt sich einmal kurz das Wasser aus dem Fell. Doch als er erneut ein Huhn am Zaun erblickt, rast er wieder los. Und wird erneut von Martin mit Wasser bespritzt. Anton zögert. Was soll er tun? Als Martin ihn daraufhin noch einmal anspritzt, hat er genug. Beeindruckt läuft er mit hängender Rute und angelegten Ohren zu Frau Helbig. Diese soll Anton nun noch trösten, um die Traumatisierung weiter zu verstärken.

Vorsicht bei der Bestrafung von Hunden
Auch wenn Anton keine körperliche Verletzung durch die Bestrafung erlitten hat, darf man die Auswirkung auf die Psyche des Hundes nicht unterschätzen. Bei einer Bestrafung handelt es sich im Grunde genommen um eine Traumatisierung. Der Hund erfährt, dass sein Verhalten Konsequenzen zur Folge hat, die unangenehm sind. Es entsteht Angstverhalten. In keinem Fall sollte man ein solches Training einfach so „nachmachen“. Denn die Bestrafung muss genau zum richtigen Zeitpunkt erfolgen, also genau dann, wenn der Hund das unerwünschte Verhalten zeigt. Es muss sichergestellt sein, dass der Hund genau dieses unerwünschte Verhalten mit der Strafe verknüpft und nicht andere, zufällig ebenfalls gezeigte Verhaltensweisen. Zudem muss sichergestellt werden, dass der Hund die Strafe nicht mit der bestrafenden Person, der Umgebung oder anderen Faktoren verknüpft. Auch darf die Strafe nicht zu stark sein, da sonst eine generelle Verunsicherung des Hundes erfolgen würde. Anton soll ja nicht in ständiger Angst leben. Allerdings muss die Strafe so heftig sein, dass Anton sein Verhalten abbricht. Strafe muss also angemessen sein. Daher sollte man sich immer einen professionellen Hundetrainer zu Hilfe holen, wenn der Hund Verhalten zeigt, welches man durch eine Strafe korrigieren möchte!

Nach zwei Monaten kommt Martin daher erneut zu Familie Helbig. Er will nun überprüfen, wie Anton sich in Gegenwart des Kinderwagens, allerdings noch ohne Ben darin, verhält. Als er den Kinderwagen erblickt, rennt er aufgeregt hin. Er schnüffelt am Kinderwagen und … springt mit einem Satz hinein. In diesem Augenblick wird er erneut von Martin mit der Wasserflasche korrigiert. Erschrocken springt Anton sofort wieder heraus und flüchtet. Martin erklärt, dass es wichtig war, Anton erst zu korrigieren, als dieser in den Kinderwagen hineingesprungen ist. Denn schließlich soll Anton auch zukünftig Kontakt mit den Mitgliedern der Familie und auch mit Baby Ben aufnehmen dürfen, solange er sich freundlich und entspannt verhält. Schnüffeln ist also erlaubt!

In den folgenden Wochen soll Familie Helbig Anton nun nicht korrigieren. Vielmehr soll Anton erleben, dass er im Garten auch Spaß mit Familie Helbig haben kann. Die Familie soll Anton nun nur noch dort füttern, anfangs aus dem Napf, später aus der Hand. Frau Helbig darf das Futter dann auch über den Boden kullern oder wegwerfen, sodass Anton hinterher hetzen und dieses „jagen“ darf. Jagen ist also nicht generell verboten! Anton muss lernen, dass seine Menschen ihm vorgeben, welche Beute gejagt werden darf.

Einige Wochen später ist es soweit, Martin will überprüfen, wie Anton sich nun gegenüber dem Baby verhält. Herr und Frau Helbig sitzen auf dem Sofa, Anton liegt entspannt daneben und genießt die Streicheleinheiten von Herrn Helbig. Als Tochter Katja mit Baby Ben auf dem Arm ins Wohnzimmer kommt, bleibt er weiterhin entspannt liegen. Selbst als die Beiden sich auf das Sofa dazu setzen, verändert sich das Verhalten des Hundes nicht.

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