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Fels in der Brandung

Wieso Mitleid im Training fehl am Platz ist, Mitgefühl aber einen hohen Stellenwert haben sollte

Ich unterrichte nicht nur

„sitz“, „platz“, „bleib“, „hier“ und „fuß“.

Ich treffe auf meiner „Wiese“ nicht nur süße Hundewelpen oder solche Hunde, die unerwünschtes Verhalten zeigen.
Ich treffe auf echte Schicksale.
Hund-Mensch-Teams die sich damit zurechtfinden müssen, dass einer von beiden ein Traumaüberlebender ist, werden von mir begleitet.

Die menschlichste und zugleich am wenigsten hilfreiche Reaktion auf einen traumatisierten Hund ist Mitleid.


Trauma ist etwas hoch individuelles!

Was den einen kalt läßt, reißt dem anderen komplett den Boden unter den Füßen weg. Das zu wissen, ist wichtig!

Stellen wir uns einen Hund vor, der mit großen Männern ein traumatisches Erlebnis verknüpft. Einen Hund, der beim Entgegenkommen eines solchen Menschen

  • vor Angst erstarrt
  • die Rute tief unter den Bauch zieht
  • die Ohren anlegt
  • sich auf den Boden duckt
  • und vielleicht sogar unter sich macht

Wie könnte sich Mitleid in diesem Fall äußern? Der Mensch würde wohl verbal auf das Verhalten des Hundes reagieren

  • ihn versuchen zu beruhigen,
  • ihm Mut zu sprechen
  • ihn Streicheln

dem Hund zugewandt versuchen ihm zu verstehen zu geben, dass seine Angst im hier und heute unbegründet ist.

Eine absolut menschliche Reaktion, welche in der Welt der Hunde wenig hilfreich ist.

Wieso ist das nicht hilfreich?

Das ergibt sich schon aus dem Wort, - mit-leid -
gemeinsam mit dem anderen (in unserem Fall dem Hund) leiden.
Leid fühlt sich nicht gut an.

Dieses gemeinsame Leiden, macht beide Teile des Teams schwächer.
Den einen, weil er frühere gefährliche Situationen im heute nicht neutral bewerten kann,
den anderen, weil er die Situation auf sein eigenes Leben projiziert und sich vorstellt,
wie es ihm in einer vergleichbaren Situation gehen würde und doch eigentlich froh ist,
dass es ihm selbst besser geht.

Es entsteht eine gefühlsbetonte Bindung, die von Bedauern geprägt ist.
Mitleid versetzt im Konkreten Beispiel den Hund und den Halter in eine passive Haltung
mit einem unangenehmen Beigeschmack.

Geteiltes Leid ist halbes Leid - wer Leidet kann nicht mehr unterstützen.
Wer selbst unsicher und ängstlich wirkt, kann nicht vermitteln, dass die Situation überhaupt nicht beängstigend ist.

Der Mensch greift bei dem Versuch den Hund zu beruhigen, in der Regel auf Handlungen und Tonlage aus positiven Situationen zurück.
Das Streicheln und beruhigende Worte, wirken also wie ein positiver Verstärker und vermitteln dem Hund, dass er alles richtig macht, indem er sich ängstlich verhält.

Und wieso ist Mitgefühl, so viel wertvoller?

Mit dem Hund fühlen, versetzt Dich in die Lage des Hundes, ohne sich mit seinem Gefühl identifizieren zu müssen.

Genau dieser Abstand macht Dich zum

Fels in der Brandung

für deinen Hund.

Wenn Du fühlen kannst, ohne zu leiden, kannst Du in kniffligen Situationen offen für einen Lösungsweg sein und Deinem Hund die Sicherheit vermitteln, die dieser vielleicht nie kennen gelernt hat.

Du kannst Dich vor Deinen Hund stellen, dem Kommenden entgegen schauen und zeigen, dass dieser keine Gefahr für den Hund ist.
Du kannst verstehen, dass der Hund Angst hat und ihm zugleich beibringen, dass er nicht mehr allein ist und solche Situationen nicht mehr über sich ergehen lassen muss, weil er jetzt in seinem Menschen einen Starken Partner hat, der die Situation souverän und sicher gestaltet.

Der Unterschied ist Deine innere Haltung!