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Mehrhundehaltung

Ein Artikel unserer Partnerin Nicole Schanze (Martin Rütter Lüneburg / Buxtehude) für die Zeitschrift "Martin Rütter - Das Magazin".

Mehrhundehaltung ist einer der Trends der letzten Jahre. Funktioniert das Zusammenleben mit dem „Einzelhund“, ist er gut erzogen und der Alltag läuft, stellt sich so mancher Halter bzw. so manche Halterin die Frage, ob es nicht schön wäre, sich einen zweiten, dritten oder sogar weiteren Hund anzuschaffen. Nicht zuletzt wäre es ja auch für den Hund schön, tierische Gesellschaft zu haben, oder? 

Foto: Matthias Hecht

Ich selbst bin Halterin von mehreren Hunden. Mit mir zusammen leben Momo, eine zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses Artikels 14-jährige kastrierte Hündin, Anders, ein 3,5-jähriger, unkastrierter Rüde und Gizzy, ein 2-jähriger, unkastrierter Rüde. 

Nichts ist schöner, als meine Hunde in der Kommunikation miteinander und mit mir zu beobachten, so wie zum Beispiel jetzt gerade, als Gizzy mit einem Spielzeug zu mir kommt und an mir hochklettert. Nicht, weil er möchte, dass ich mit ihm spiele, sondern weil er weiß, dass Anders dann sofort reagiert und sich seiner annimmt. Dass er nicht mit mir spielen möchte, zeigt der Blick von Gizzy, der immer wieder zu Anders geht. Gizzy weiß, dass Anders wenig Interesse an gemeinsamen Zerrspielen hat. Allerdings ist Anders sehr sozial motiviert und in dem Moment, in dem Gizzy um meine Aufmerksamkeit zu buhlen scheint, schaltet er sich ein und lenkt ihn von mir ab. Und Gizzy bekommt, was er von Anfang an haben wollte. Ein Spiel um Beute mit Anders! Und Momo? Momo ist mittlerweile taub und kann die beiden noch besser ignorieren, als sie es ohnehin schon immer gemacht hat. 

Bis zu diesem harmonischen Miteinander war es allerdings ein langer und zuweilen auch sehr steiniger Weg, und das ist es oft genug auch heute noch. Er ist gepflastert mit viel Arbeit - z. B. durch getrennte Spaziergänge, Training mit jedem einzelnen Hund sowie mit allen zusammen, dem Umsetzen und Durchsetzen klarer und eindeutiger Regeln. Aber auch mit kleinen Nervenzusammenbrüchen - wenn man doch mal mit allen dreien gleichzeitig spazieren geht, mit Schuldgefühlen - keinem der drei gerecht zu werden und insbesondere die Hunde-Omi zu vernachlässigen sowie mit Selbstvorwürfen - wenn die beiden Rüden doch mal wieder einen ernsthaften Streit (inklusive blutiger Nase) hatten. 

Nun weißt du, was als Mehrhundehalter auf dich zukommt bzw. zukommen kann. 

Ist die Haltung mehrerer Hunde denn überhaupt sinnvoll? 

Dazu muss man zunächst einmal klären, welches eigentlich die Vorteile für Mensch und Hund sind, wenn man einen weiteren Hund bei sich aufnimmt. Ein wesentlicher Vorteil für den Menschen - ich habe es eingangs schon beschrieben - ist natürlich die Möglichkeit, seine Fähigkeiten in Bezug auf Körpersprache und Kommunikation von Hunden täglich im eigenen Rudel schulen zu können. Zum anderen bewahrt es viele Menschen beim Tod eines Hundes vor einer "übereilten" Neuanschaffung. 

Auch Hunde partizipieren davon, mit Artgenossen zusammenzuleben. Sie haben innerhalb ihrer Gruppe die Möglichkeit zu innerartlicher Kommunikation - ideale Bedingungen, die arteigene Sprache zu erlernen, um sie auch extern sicher einsetzen zu können. Wenn mehrere Hunde zusammenleben, können angeborene Bedürfnisse, wie z. B. die gegenseitige Fell- und Körperpflege, befriedigt werden, vor allem dann, wenn die Hunde sehr eng und vertraut miteinander sind. 

Und auch das oft leidige Thema des Alleinbleibens fällt mehreren Hunden meist nicht so schwer. Wobei man hier immer bedenken sollte, dass auch zwei Hunde gemeinsam einsam sein können. Täglich stundenlanges Alleinbleiben über 6 Stunden sollte man also auch zwei oder mehr Hunden nicht zumuten. 

Doch auch wenn Hunde nicht gern allein sind, mögen sie nicht jeden anderen Hund. 

Wie beim Menschen gibt es auch beim Hund Sympathien und Antipathien. Vor der Anschaffung eines weiteren Hundes sollte man daher genau überlegen, ob sich auch der eigene Hund über einen tierischen Mitbewohner freut. Ist der schon in der Familie lebende Hund ein eher geselliges Tier, das interessiert und neugierig auf andere Hunde zugeht und gern ein gemeinsames Spiel startet? Dann steht einer Erweiterung der Familie vermutlich nichts entgegen.

Ignoriert er dagegen seine Artgenossen und geht lieber eigene Wege, wird es unter Umständen schon schwieriger mit der passenden Partnerwahl. Gibt es häufig aggressive Kontakte zu anderen Hunden, muss man zunächst die Ursache dafür herausfinden. Reagiert der Hund beispielsweise nur aggressiv auf bestimmte Hunde oder lehnt er jeden anderen ab, der "sein" Haus und "seinen" Garten betritt? Bei der Einschätzung und der gegebenenfalls daraus resultierenden Verhaltenstherapie kann ein professioneller oder eine professionelle Hundetrainer:in helfen. 

Zu glauben, man könne einen Hund „therapieren“, indem man einen zweiten Hund einziehen lässt, verursacht in der Regel mehr Probleme, als es löst. Es gibt aber durchaus auch therapeutische Gründe, die für einen Zweithund sprechen. So kann ein geeigneter Hund durchaus wertvoll für einen Hund sein, der starke Unsicherheiten und Ängste zeigt. Geeignet wäre in diesem Fall allerdings nur ein Hund, der sehr umweltsicher ist und der souveränes und sicheres Verhalten zeigt, vor allem natürlich in dem Bereich, in dem der zu therapierende Hund Ängste zeigt. Einen solchen zu finden, der dann auch noch allen weiteren Kriterien einer Zweithundeanschaffung entspricht, ist jedoch nicht leicht. Denn bei der Auswahl eines weiteren Hundes gibt es viele Punkte, die man bedenken muss. 

In erster Linie muss der Hund in den Alltag der Familie passen!

Wer wird sich mit dem neuen Hund hauptsächlich beschäftigen? Ist die Bezugsperson des ersten Hundes auch für den zweiten zuständig oder kümmert sich ein anderes Familienmitglied um den neuen Hund? Gibt es eine Aufgabenteilung? Solche Verantwortlichkeiten sollten zuvor genau abgesprochen werden!

Gibt es Grenzen in Hinsicht auf die finanzielle Lage? Für einen weiteren Hund fallen weitere Kosten an. Haftpflichtversicherung, Steuern, Futter - das sind alles die berechenbaren Posten. Nicht fest stehen dagegen die Tierarztkosten. Leider weiß man nie genau, was hier unter Umständen auf einen zukommt. 

Gibt es Einschränkungen bezüglich der räumlichen Situation? Passt ein weiterer Hund ins Auto, gibt es im Haus bzw. der Wohnung genügend passende Liegestellen? Wohnt man zur Miete muss natürlich eine Erlaubnis des Vermieters vorliegen, auch, wenn bereits ein Hund in der Familie lebt.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Urlaubsplanung. Viele Hotels, Ferienwohnungen und Campingplätze erlauben die Mitnahme von Hunden, die Anzahl ist aber oftmals begrenzt. Auch die Unterbringung mehrerer Hunde in der Hundepension ist häufig nicht so einfach, und wenn, dann fallen direkt hohe Kosten an, die das Urlaubsbudget stark dezimieren.

Natürlich muss man auch den Notfall bedenken! Oftmals haben Hundehaltende Menschen in ihrem Umfeld, die den Hund in einer Notsituation betreuen würden. Können und wollen diese Menschen bei Bedarf zwei, drei oder sogar mehr Hunde versorgen? Und falls nicht alle Hunde bei einem Menschen untergebracht werden können, braucht man entsprechend mehr Menschen, die einen der Hunde aufnehmen.

Wenn aufgrund dieser Rahmenbedingungen nichts gegen einen weiteren Hund spricht, muss man „nur noch“ den passenden Hund finden, der zu den Vorstellungen der Familie, aber eben auch zu den bereits vorhandenen Hunden passt! 

„Gleich und gleich gesellt sich gern?“

Zwei Hunde einer Rasse verstehen sich häufig gut, denn es gibt meist keine Probleme bei der körpersprachlichen Verständigung. Das körperliche Spiel eines Retrievers kann dagegen vom sensiblen Windhund als Provokation aufgefasst werden, das Fixieren des Hütehundes zur Spielaufforderung vom Haus- und Hofhund als ernsthafte Drohung. Hier muss der Umgang miteinander und die Kommunikation des anderen erst erlernt werden. Für viele Menschen spielt die Optik eine große Rolle, man mag den Typus „Jagdhund“, „Hütehund“ oder „Windhund“ eben einfach. Doch noch entscheidender ist eigentlich das, was diese Hunde ausmacht. Denn gemeinsame Interessen machen die gemeinsame Beschäftigung mit dem Menschen möglich, z. B. beim Apportiertraining auf dem Spaziergang. Man muss aber bedenken, dass dies auch zu Interessenskonflikten zwischen den Hunden führen kann, denn jeder der Hunde möchte dann gegebenenfalls gern die Beute haben, möchte mit "seinem" Menschen zusammen trainieren. 

Zu große Unterschiede bedeuten aber in aller Regel, dass der Mensch das Zusammenleben mehr lenken und leiten muss. Das gilt übrigens auch für die Größe bzw. das Gewicht der Hunde! Holt man sich zu einem Berner Sennenhund einen Chihuahua, ist das Risiko sehr hoch, dass der kleinere Hund ernsthafte Verletzungen erleidet - sowohl beim gemeinsamen Spiel als auch bei Auseinandersetzungen. 

Augen auf bei der Partnerwahl, gilt das auch beim Hund? Ist also ein Rüde der ideale Partner für eine bereits in der Familie lebende Hündin? Hält man nur Rüden bzw. Hündinnen, gibt es in der Regel kein sexuelles Konfliktpotenzial, wenn man mit den Hunden unterwegs ist. Allerdings können Streitereien untereinander durchaus heftig werden, wenn die Hunde in starker Konkurrenz zueinander stehen. Rüde und Hündin dagegen treten auf dem Spaziergang oft als "Paar" auf, der Rüde verdeutlicht seinen Anspruch auf die Hündin gegenüber anderen Rüden, insbesondere zur Zeit der Läufigkeit der Hündin. Und auch diese kontrolliert Kontakte des Rüden mit anderen Hündinnen häufig sehr genau. Außerdem muss natürlich die Verhütung sichergestellt sein. Eine Kastration bietet diesbezüglich zwar dauerhaft Schutz, sollte jedoch in Bezug auf ihre Vor- und Nachteile gemeinsam mit dem Tierarzt gut abgewogen werden. Als alternative Möglichkeit besteht die zeitweise Trennung der Hunde, falls man einen Menschen hat, der einen der Hunde aufnimmt.

Wie zuvor bereits geschrieben, wird ein neuer Hund keine Probleme lösen, die es mit dem bereits in der Familie lebenden Hund gibt. Die Beziehung zwischen Mensch und Hund sollte daher im Großen und Ganzen geklärt sein. Gibt es im Alltag klare Regeln und Strukturen, weiß der Hund, was von ihm erwartet wird und kann sich an seinen Menschen orientieren. Eine geklärte Beziehung kann es aber nur dann geben, wenn der Hund erwachsen ist, denn in der Pubertät und Jungerwachsenenphase wird alles, auch das Zusammenleben mit dem Menschen, noch einmal hinterfragt. Ideal ist daher, wenn der Hund mindestens drei, besser sogar vier bis fünf Jahre alt ist, da er sich dann, in Bezug auf den Einzug eines jüngeren Hundes / Welpen, in einem anderen Lebensabschnitt befindet und so dem neuen Hund Orientierung bieten und tatsächlich auch dem Menschen als "Erziehungshilfe" für den neuen Hund dienen kann. Doch Achtung, wie oft habe ich von meinen Kunden schon gehört: "Ich dachte, der alte Hund würde den neuen schon erziehen."  Die Betonung liegt hier auf Erziehungs-"Hilfe", denn den größten Teil der Ausbildung und Erziehung muss natürlich auch beim neuen Hund der Mensch übernehmen. 

Damit wird auch direkt klar, dass die Idee, zwei Welpen aus einem Wurf aufzunehmen, nicht wirklich sinnvoll ist, denn da sie alle Altersphasen (Welpe, Junghund, Pubertät) gleichzeitig durchlaufen, müssen sie sowohl im Training als häufig auch im Alltag getrennt werden, sodass man eigentlich eher zwei Einzelhunde hat. Die Haltung von Geschwistern bringt zudem häufig große Schwierigkeiten mit sich. Die beiden verstehen sich sozusagen "ohne Worte", die intensive Bindung zwischen den beiden lässt den Menschen oft außen vor. Doch es kommt nicht selten auch zu heftigen Auseinandersetzungen, denn wer sich von der ersten Minute an kennt, weiß auch um die Schwächen des anderen. 

Der erste Augenblick entscheidet!

Genauso, wie wir Menschen in den ersten Sekunden entscheiden, ob wir ein Gegenüber sympathisch finden oder nicht, ist auch die Begegnung des bereits in der Familie lebenden Hundes mit dem neu ausgewählten Hund von entscheidender Bedeutung. Konfliktpotential sollte somit nach Möglichkeit vermieden werden! Das Kennenlernen arrangiert man daher am besten auf neutralem Boden. Ein Helfer oder eine Helferin ist dabei für den neuen Hund zuständig, der oder die Halter:in kümmert sich um seinen bzw. ihren bisherigen Hund. Es bietet sich meist an, zu einem gemeinsamen Spaziergang aufzubrechen, anfangs noch angeleint, später, wenn keine Spannungen zu erkennen sind, auch im Freilauf. Zu Hause sollte man - schon rechtzeitig vor dem Einzug - dafür sorgen, dass Spielzeug, Kauartikel sowie andere potenzielle Quellen für Auseinandersetzungen zunächst nicht herumliegen. Jeder Hund sollte als Rückzugsort eine eigene Liegestelle haben. Die erste Fütterung sollte, selbst wenn es bei keinem der Hunde bisher diesbezüglich Probleme gab, zunächst mit genügend Abstand durchgeführt werden. 

Dem oder der aufmerksamen Leser:in ist es vielleicht aufgefallen: Bezogen auf Alter, Zeitpunkt und Geschlecht habe ich bei der Aufnahme meiner eigenen Hunde ja fast alles falsch gemacht! Und es stimmt. Aus heutiger Sicht, mit meinem Wissen als Martin Rütter Hundetrainerin und meinen Erfahrungen als Mehrhundehalterin, würde ich vieles anders machen. 

„Leben ist das, was passiert, während wir andere Pläne machen.“ 

Als die oben beschriebenen Rahmenbedingungen in meinem Alltag für einen zweiten Hund günstig waren, war meine Hündin bereits 11 Jahre alt. Doch sie war körperlich und geistig so fit, dass ich dachte, es sei noch nicht zu spät und sie noch nicht zu alt. Das traf auf das erste halbe Jahr auch zu. Hunde altern ab einem gewissen Alter jedoch wirklich „schubweise“, sodass die körperlichen Unterschiede zwischen der alten Hündin und meinem dann 8 Monate jungen Rüden plötzlich eklatant waren. Ich musste in den folgenden Monaten oft eingreifen und den jungen Hund häufig begrenzen, da er seine körperliche Überlegenheit der alten Hündin gegenüber oft ausnutzen wollte. 

Für einen entspannten Alltag ist es daher entscheidend, die Hunde genau zu kennen und einschätzen zu können. Ich muss wissen, was welchem Hund wichtig ist und wann ich einen Streit laufen lassen kann bzw. wann ich eingreifen muss. 

Nicht jeder Hund ist so auf Spielzeug fixiert, dass er dafür einen Streit riskiert bzw. dass er Beute verteidigt. Wobei das Verteidigen von Beute nicht generell verboten ist, ein Hund darf seinen "Besitz" den anderen Hunden der Familie gegenüber durchaus verteidigen. Daher darf Spielzeug nach der ersten Zeit der Eingewöhnung auch frei herumliegen, denn so können die Hunde ihren Status zueinander ausloten. Erwachsene Hunde nutzen Spielzeug oftmals gezielt, um junge Hunde zu erziehen und Sozialverhalten zu festigen. Nicht selten, so wie meine alte Hündin, sogar ohne selbst wirklich ein Interesse am Gegenstand zu haben. Doch kommt es ständig zu Streitereien oder aber zu ernsthaften Verletzungen, wenn z. B. Kauartikel gefüttert werden, ist eine räumliche Trennung, entweder in unterschiedlichen Räumen, gegebenenfalls aber auch nur auf getrennten Liegeplätzen, sinnvoll. 

Jeder Hund braucht Regeln und Strukturen, an denen er sich orientieren kann, um seine Halter:innen als kompetente und souveräne Sozialpartner:innen wahrzunehmen. Dies gilt natürlich auch für die Mehrhundehaltung. Je mehr ich den Alltag der Hunde strukturiere, durch das Zuweisen fester Liegestellen, die Übernahme von Verantwortung, die Verwaltung von Ressourcen und das Wahrnehmen der Bedürfnisse des Einzelnen, desto entspannter können die Hunde miteinander leben. Der Mensch übernimmt also die Verantwortung für jeden Einzelnen in der Gruppe. Viele potenzielle Konfliktherde werden dadurch von Anfang an vermieden. Das Management der Gruppe bedeutet daher für Mehrhundehaltende eine nicht zu unterschätzende Aufgabe! Die Haltung von zwei Hunden ist damit mehr als doppelt so aufwendig wie die Haltung eines Einzelhundes.

Ob zwei oder drei, das spielt doch keine Rolle?

Nach meiner Ausbildung zur Martin Rütter Hundetrainerin wurde ich von einer sehr engen Freundin um Hilfe gebeten, den 8 Monate alten Junghund ihrer Tochter zu vermitteln. Da ich Gizzy bereits kannte und auch unsere Hunde sich bei vorherigen Treffen gut verstanden hatten, war für mich klar, dass wir uns des Rüden annehmen, auch wenn mein junger Rüde Anders gerade einmal 1,5 Jahre alt war. Schließlich war ich frisch gebackene Martin Rütter Hundetrainerin! Wer, wenn nicht ich, war geeignet für das Zusammenleben mit zwei jungen Rüden? Heute kenne ich nicht nur eine, sondern viele Antworten auf diese Frage: Jeder, der konsequenter ist als ich! Jeder, der mehr Geduld hat als ich! Jeder, der mehr Platz hat als ich! Jeder, der mehr Zeit hat als ich! Jeder, der jünger ist als ich! 

Gizzy war schon früher mit seiner vorherigen Halterin bei uns zu Besuch gewesen. Da die Besuche immer problemlos verlaufen waren, machte ich mir über die Zusammenführung der Hunde und das Zusammenleben keine großen Sorgen. Aber es ist eben etwas ganz anderes, wenn ein Hund nicht nur "zu Besuch" ist, sondern sich dauerhaft in eine bestehende Gruppe integrieren muss. Denn nun beansprucht er auf einmal die gleichen Dinge wie die anderen Hunde: die Aufmerksamkeit der Menschen, Liegestellen, Futter, Spielzeug etc. Meiner alten Hündin war das vollkommen egal, aber zwischen den beiden jungen Rüden entwickelte sich plötzlich Konkurrenz. 

Habe ich darüber nachgedacht, den Kleinen wieder abzugeben? Natürlich habe ich das. Und ich finde, das sind wichtige und reflektierte Gedanken, für die es Raum und Zeit geben muss. Wenn zwei Hunde einen Konflikt miteinander haben, dann ist die Aufgabe der Hundehaltenden, herauszufinden, warum es diesen Konflikt gibt, wie er entstanden ist und vor allem, wie und ob weitere Konflikte in Zukunft vermieden werden können. 

Dabei gilt auch hier: Je konsequenter ich mich als Hundehalter:in verhalte, desto entspannter verhalten sich die Hunde. Und auch ich konnte erleben, dass sich mein Verhalten sofort im Verhalten der Hunde widerspiegelte. Das half und hilft mir auch heute noch beim Durchhalten der alltäglichen Regeln, deren Einhaltung wirklich IMMER erforderlich ist und bleibt, und das kann ganz schön anstrengend sein! Doch dann sehe ich meine beiden Jungs, die miteinander spielen, und auch mal nahe beieinander liegen, sich also grundsätzlich auch sympathisch sind und mögen. 

Und aus diesem Grund steht natürlich die Trennung von einem der Hunde nicht an. Nicht, so lange ich als Mensch noch etwas verändern kann. Das bin ich all meinen Hunden schuldig, denn ich habe mich für sie entschieden. Dennoch, in seltenen Fällen gibt es Hunde, die sich trotz aller Bemühungen durch den Menschen "nicht riechen" können und trotz aller aufgestellter Regeln, keine Gelegenheit auslassen, miteinander zu streiten. Immer dann, wenn das Zusammenleben für einen der Hunde großen Stress bedeutet, muss man sich, schweren Herzens, für eine Trennung, und damit für die Abgabe eines Hundes entscheiden. Aber auch das ist dann ein verantwortlicher Umgang mit den uns anvertrauten Hunden.