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Hundesenioren - Über die Tücken, Lasten und „Romantik des Alterns“ unserer Hunde

Ein Artikel unserer DOGS Partnerin Conny Sporrer (Martin Rütter DOGS Wien)

Dass das Altern ein unaufhaltbarer Prozess ist, lehrt uns das Leben ja täglich aufs Neue. Und auch vor unseren Vierbeinern macht diese List keinen Halt. Schwer fällt uns das vor allem, weil unsere geliebten Vierbeiner einfach nicht so alt werden wie wir und dieser Vorgang oft schneller da ist, als einem lieb ist...

Meine Rhodesian-Ridgeback-Hündin „Abbey“ ist fast 14 Jahre alt geworden – sie war also ein Methusalem für Hunde ihrer Rasse und Größe. Abbey habe ich im Alter von ca. 6 Jahren aus einem slowakischen Tierheim übernommen. Mir ist es immer wichtig, Hunden eine zweite Chance zu geben, vor allem aber – ja, das ist ein Geständnis – nervt mich die Welpenzeit, weswegen ich sie bei meinen Hunden immer gerne großzügig umgangen bin. Eine meiner größten Schwächen ist Ungeduld, und so gestehe ich, wahrscheinlich zu ungeduldig zu sein, wenn der kleine tapsige Welpe im Schneckentempo Gassi geht und sich von jedem Blatt und Schmetterling in Trance versetzen lässt. Dazu muss man natürlich alle paar Stunden raus, damit kein Geschäft danebengeht und eine gute Stubenreinheit antrainiert wird. Warum ich das erzähle? Meine Abbey war im Alter nun wieder komplett in diese Phase geraten. Ähnlich wie bei alten pflegebedürftigen Menschen, entwickeln sich auch Hunde in diesem Lebensabschnitt quasi wieder zurück. Da hatte ich nun also meinen Riesenwelpen. 37 kg, die im Schneckentempo völlig demotiviert die Straße entlangschlenderten. Etwa einmal pro Tag ging ein Geschäft daneben, weil Abbey den Druck einfach zu kurzfristig bemerkt hatte oder es beim Schlafen erst gar nicht spürte. Sie wurde irgendwann dann auch dement, was sich häufig in leicht amüsanter Desorientierung bemerkbar machte. Etwa, wenn sie bei einem etwas längeren Spaziergang zu irgendeinem Auto ging, Hauptsache, es ging schnell wieder nach Hause. Oder auch einfach mal völlig fremde Hauseingänge wählte, weil sie fand, dass es Zeit war, umzukehren. Meine tiefe Liebe zu ihr siegte natürlich über meine Ungeduld, und so hatte ich auch gelernt, bei unseren kurzen Ausflügen etwas zu entschleunigen, und ihrem Alter mit höchstem Respekt und Würde zu begegnen.

Wann altern Hunde eigentlich?
Eine Studie der Uni Göttingen aus 2013 mit rund 50.000 Hundedaten von 74 verschiedenen Rassen hat bewiesen, dass „große Hunde schneller altern“. Warum genau das so ist, weiß die Wissenschaft leider noch nicht, generell hat man aber festgestellt, dass große Varianten innerhalb einer Tierart eher früher sterben als kleine. Eine Theorie, die ich sehr plausibel finde, besagt, dass das verhältnismäßig schnelle Wachstum und die Versorgung eines großen Tieres mehr Zellenergie bräuchte, was in Folge dazu führt, dass die Zellalterung schneller voranschreitet. Ermittelt wurde auch, dass große Hunde (also etwa ab Größe Labrador) im Schnitt 5–8 Jahre alt werden, kleine Hunde hingegen 10–14 Jahre. Natürlich gibt es auch größere Hunde, die mit 15 noch quietschfidel sind, und kleinere Rassen, die keine 10 Jahre alt werden. In aller Regel ist es jedoch anders. Auch graue Schnauzen sind nicht unbedingt DER Indikator fürs Altern, denn es gibt – wie auch beim Menschen – Hunde, deren Melaninproduktion sich früher verlangsamt und folglich Haare nicht mehr so gut pigmentiert werden. Typische Krankheiten beim alten Hund sind laut der deutschen Tierärztin Sophie Strodtbeck z. B. „Niereninsuffizienz, Herzerkrankungen, Tumore, Übergewicht, Lebererkrankungen, Schilddrüsenerkrankungen, Diabetes und vieles mehr“. Deswegen sollte man bei älteren Hunden regelmäßig das Blutbild untersuchen und einen Ultraschall machen lassen, um etwaige Veränderungen frühzeitig zu erkennen. Die altersbedingten Abnutzungserscheinungen der Knochen und Gelenke tun dann ihr Übriges: Arthrosen sind eine Art „Gelenksverschleiß“, die entweder genetisch, traumatisch oder durch Überbelastung (höheres Gewicht) entstehen und manchmal auch zu schmerzhaften Gelenksentzündungen (Arthritis) führen können. Hier sollte der verantwortungsvolle Hundehalter auf jeden Fall mit Schmerz- und Entzündungshemmern gegen die Schmerzen vorgehen, natürlich immer in Rücksprache mit dem Tierarzt. Solche Alterungsprozesse lassen sich leider nicht aufhalten, maximal ein wenig verzögern. Abbey etwa bekam die letzten Jahre regelmäßig das komplette Programm an Schmerzmitteln. Natürlich leiden alternde Hunde auch unter einer allmählich nachlassenden Seh- und Hörfunktion. Das eingeschränkte Sehvermögen kann in der Hund-Hund-Kommunikation sehr hinderlich sein, wenn z. B. Artgenossen nicht mehr richtig gelesen werden oder zu spät wahrgenommen werden können. Das schlechtere Hören ist häufig ein verstärkter Angstauslöser, weil Geräusche nicht mehr eindeutig zugeordnet werden können und folglich eine größere Verunsicherung entstehen kann. Da kann man von Glück sprechen, wenn Gewitter und Feuerwerk irgendwann erst gar nicht mehr gehört werden. Auch das Alleinbleiben wird bei manchen Hunden schlechter. Sie sind natürlich nicht mehr so autark und brauchen den Menschen oft als ständigen Fels in der Brandung an ihrer Seite. Ich finde das völlig in Ordnung und habe bei Abbey diese Nähe zugelassen, so gut es ging. Auch wenn das bedeutete, dass sie plötzlich nur glücklich sein konnte, wenn sie abends den Badezimmerteppich zierte, während ich ein Bad nahm. Wo diese Nasszelle doch immer so verhasst war.

Hilfen im Alltag
Im Alter helfen Hunden – wie auch uns Menschen – halbwegs geregelte, feste Strukturen. Das muss jetzt nicht heißen, dass Du Deinen Alltag auf Seniorenheim-Rhythmen umstellen musst, zumindest sollten aber häufige Veränderungen vermieden werden, da die Anpassungsfähigkeit und Flexibilität im Alter oft schwindet. Auch solltest Du Deinem Vierbeiner viel Ruhe gönnen und ruhige, gut gepolsterte Schlafplätze zur Verfügung stellen. Viele alte Hunde kommen von glatten Liegeflächen nicht mehr selbstständig hoch, weswegen eine gute, rutschfeste Erreichbarkeit nötig ist. Mein Zuhause war ein Meer aus rutschfesten, inselartig formierten Fleckerlteppichen, die Abbey halfen, von A nach B zu kommen. Obendrein waren sie waschbar – für etwaige Unfälle. Die Wohnung war damals zwar nicht mehr fit fürs Schöner-Wohnen-Magazin, aber dafür ein echtes Hundeseniorenrefugium. Eine kleine Lichtquelle nachts oder ein Wassernapf neben dem Schlafplatz kommen so manchem gebrechlichen Vierbeiner übrigens auch entgegen. Beim Spaziergang kann ein Brustgeschirr mit Haltegriff oder ggf. auch ein spezieller Tragegurt für die Hinterbeine helfen, wenn es mal wackelige Tage gibt. Gassigänge sollten natürlich eher kurz und dafür häufiger stattfinden.

Training
Wer rastet, der rostet. Die Herausforderung mit einem alten Hund ist aber, das richtige Mittelmaß zu finden. Ich bin z. B. regelmäßig mit Abbey ein paar Treppen hinaufgegangen, und ab und zu haben wir eine tolle Physiopraxis besucht und das dortige Unterwasserlaufband für einen effizienten Muskelaufbau bzw. –erhalt genutzt. Vielmehr sollte man aber auch nicht vergessen, den Hund immer wieder geistig zu fordern. Futtersuchspiele, Clickertraining, und auch bei kleinen Aufgaben während des Spaziergangs wird Dopamin ausgeschüttet, welches eine befriedigende selbstbelohnende Wirkung auf den Organismus hat. Abbey liebte es beispielsweise den Futterbeutel zu apportieren. Regelmäßig versteckte ich ihn für sie und ließ sie danach suchen. Während sie wartete, machte sie „Steh und Bleib“ anstatt wie früher „Sitz und Bleib“, um ihre Knochen nicht zusätzlich zu belasten. Wenn ich sie dann in die Suche schickte, kam sie voller Stolz auf mich zugestolpert und freute sich auf ihre Belohnung. Das machte mir regelmäßig ein warmes Gefühl ums Herz.

Zweithund, ja oder nein?
Oft stellt sich noch die Frage nach einem Zweithund. Dieser hat, ohne Frage, natürlich für den Menschen den Effekt, nach dem Tod des älteren Hundes nicht plötzlich ganz allein zu sein. Natürlich sollte man hier aber in erster Linie immer im Sinne des alten Hundes entscheiden. Ich erlebe immer wieder, dass zu einem alten Hund ein sehr junger genommen wird und die Menschen dann denken, dass der Alte einen „zweiten Frühling“ durchlebt. In Wahrheit ist er aber oft völlig überfordert mit der Erziehung des Kleinen. Ein zweiter Hund sollte also ggf. besser älter sein und den Ersthund nicht nerven. Auch bei mir war damals, vorerst als Pflegestelle, eine 1,5 Jahre alte Hündin eingezogen. Die Erlaubnis zu bleiben hat sie aber erst bekommen, weil sie so unglaublich nett mit Abbey war, sie aber nicht mit Beschlag belegte. Mir war also gleich bewusst, dass sie Abbey nicht überfordern oder stören würde, deswegen gab es die erhoffte Freigabe zu bleiben.

Der Abschied
Auch die beste Palliativpflege bewahrt nicht davor, dass irgendwann der Zeitpunkt des Abschieds naht. Leider verläuft es in den seltensten Fällen so, dass der Hund nachts im Körbchen einschläft. Meist muss doch der Mensch entscheiden, wann es an der Zeit ist. Dazu kann ich nur sagen: Lass Dich nicht von anderen verunsichern und achte auf nichts anderes als Dein Bauchgefühl. Kein Hund sollte leiden, weil es dem Menschen schwerfällt, ihn gehen zu lassen, aber verantwortungsvolle Hundehalter entscheiden dies in aller Regel genau richtig. Lieben und Loslassen-Können gehören leider einfach zusammen.