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4 Dinge, die uns Corona in Sachen Hundeerziehung lehrt!

 

Auch wenn die letzten Monate hart waren und der Spuk noch nicht ganz vorbei ist: Wir dürfen das Positive nicht aus den Augen verlieren. So birgt sogar die Corona-Krise nicht nur Negatives in sich, sondern hat auch ein paar Vorteile - vor allem für unsere Hunde! Die Tierheime leeren sich immer mehr und viele Menschen nehmen sich endlich Zeit, sich richtig mit ihren Hunden zu beschäftigen und sie zu erziehen. Welche Erkenntnisse uns diese Zeiten aber für die Hundeerziehung bringen, erfahrt Ihr hier.

1. Konsequenz schafft Vertrauen!

Wenn auch wieder ein bisschen politisch: unsere Politiker*innen entscheiden zurzeit über Regeln, die in Gesetzen verankert werden. Diese brauchen wir, um gemeinsam dem Ziel eines "normalen" Lebens wieder näher zu kommen. Ein deutlich benanntes Problem in der Krisenkommunikation ist, dass es zu viele Sprachrohre und zu viele Versprechungen gibt, die dann aber aus verschiedenen Gründen oft doch nicht möglich sind oder revidiert werden. Das Fazit: Wir verlieren das Vertrauen in Personen, die aktuell aber streng genommen unsere Freiheiten in der Hand haben. Kein so schönes Gefühl, oder? Auch bei unseren Vierbeinern verhält es sich ähnlich: Wenn wir uns ihnen gegenüber inkonsequent verhalten, stellen sie unsere Glaubwürdigkeit und folglich ihr Vertrauen uns gegenüber in Frage. Wenn wir den Hund beispielsweise absetzen und dann vergessen das Signal wieder aufzulösen, lernt er selbst zu entscheiden, wann er damit fertig ist. Wenn wir ihn auf seinen Platz schicken, er nach 30 Sekunden aber wieder aufsteht, weil der Postbote an der Türe doch spannender ist, und wir das nicht sanktionieren, sammelt er die Erfahrung, dass auf unsere Anweisungen kein Verlass ist und wir verlieren folglich unsere Glaubwürdigkeit. Auch bei den kleinsten Fehlern gilt es also, den Hund wieder ruhig daran zu erinnern, was richtig wäre und ihn z. B. wieder in die gewünschte Position zu bringen. Denn wenn mein Hund im Alltag immer wieder lernt, dass ich "eh nicht so wirklich meine, was ich sage", wird's ziemlich sicher ein Vertrauensproblem geben, wenn's mal wirklich drauf ankommt...

2. Abstand ist der neue Anstand!

Gegenseitige Rücksichtnahme und Respekt gehören sicher zu den positiven Aspekten, die uns die Krise gebracht hat. Sicherheitsabstand wurde zum neuen Anstand! Ein Bewusstsein dafür, dass Distanz auch viele Vorteile haben kann, wurde geschaffen. Die 2-m-Abstandsregel wurde von Menschen mit sensiblen oder intoleranten Hunden mit offenen Armen entgegen genommen. Denn kaum ein erwachsener Hund (und auch Mensch) hat große Lust auf Nähe und Enge mit anderen fremden Artgenossen, schon gar nicht angeleint. "Hallo sagen", "Spielen" und Co. sind also rein menschliche Wünsche, die für unsere Hunde wenig Sinn machen. Denn echte Kommunikation oder gar Spiel ist durch die Beschränkung der Leine so gut wie nicht möglich und für viele Hunde unangenehm oder bedrängend. Die Folgen: Defensive Aggression, große Unsicherheiten oder schlicht Hunde, die wie verrückt an der Leine ziehen, weil sie ja jeden Hund begrüßen dürfen. Mindestens zwei Hundelängen Abstand machen also für Erziehung und Beziehung durchaus Sinn.

3. Keep your dog busy!

Die sprichwörtliche "Decke" ist wohl jedem in den letzten Monaten schon mehr oder weniger oft auf den Kopf gefallen. Wenig soziales Miteinander, kaum Urlaub, schlechte Stimmung auf der Arbeit - sofern man überhaupt noch eine hat. Viele Menschen haben begonnen mehr Sport zu machen, häkeln gelernt oder Online-Tanzkurse gebucht. Unsere Hunde, die nebenbei erwähnt oft für echte Aufgaben gezüchtet wurden, kennen das Gefühl der Langeweile nur zu gut - leider auch ohne Pandemie. Langweilige Runden um den Block, null geistige Auslastung und oftmals auch körperliche Unterforderung (was leider nur zu oft auch zu Gewichtsproblemen führt) sind traurigerweise auch sehr häufige Gründe für sämtliche Verhaltensprobleme. Laut Daten von Tractive® dauert die durchschnittliche Bewegung des Hundes nur insgesamt 28 Minuten pro Tag. So eine Gassirunde ist für den Hund aber vielmehr als nur seine Geschäfte zu erledigen und beiläufig zu schnüffeln. Es ist die Quality Time des Hundes, der eben den ganzen Tag in der Wohnung verweilt und auf den Menschen gewartet hat. Für den Hund beginnt der Spaß also erst jetzt, deswegen sind wir ihm auch schuldig, dass ein Spaziergang in erster Linie seinen Ansprüchen gerecht wird. Unterwegs also immer wieder Übungen (Apportieren, Suchspiele & Co.) einzubauen, die ihm Spaß machen, fördert einerseits die Mensch-Hund-Beziehung, aber hat auch zur Folge, dass der Vierbeiner nicht selbst auf Ideen kommt, sich alleine zu amüsieren. Auch für Hunde gilt also: Sie brauchen sinnvolle körperliche und geistige Beschäftigung, um nicht "gaga im Kopf" zu werden.

4. Umgang vergeht nicht!

Die Frage, ob wir jemals wieder in ein Leben "wie früher" zurückfinden, wird immer wieder diskutiert. Angenommen es ist alles wieder möglich: Wurde Händeschütteln dann wegsozialisiert? Wird es Hemmungen bei Begrüßungen geben, wo wir uns früher doch fest gedrückt haben? Ich behaupte: Nein! Auch wenn es vielleicht ein Weilchen dauert, bis die erste Eisschicht wieder gebrochen ist - gute Sozialisierung ist irreversibel. Dies bedeutet, dass bereits erlernte Erfahrungen - in einer gewissen Häufigkeit und in verschiedensten Konstellationen gemacht - nicht einfach durch eine temporäre Pause gelöscht werden können. So ist es auch bei Hunden: Wer einmal gut sozialisiert wurde, also alle sozialen Erfahrungen gesammelt hat, die später fürs Leben wichtig sind, wird nicht völlig asozial, nur weil er z.B. mal verletzungsbedingt ein paar Monate aussetzen muss oder die Trainerin gesagt hat, dass viele Hundekontakte in der Pubertät nicht so sinnvoll sind *räusper*. Die Voraussetzung ist aber immer: das Meiste wurde bereits erlernt und gefestigt. Sozialisierung ist auch eine neurologische Angelegenheit. Denn die Synapsen im Gehirn sind in den ersten Lebenswochen so aufnahmefähig wie ein Schwamm und saugen alles auf, was kennengelernt wird. Im Laufe der ersten Monate schließen sie sich allmählich, was dazu führt, dass Neues auch immer ganz neu bewertet werden muss. Wenn es im "Register" aber bereits bekannt ist, tun Hunde sich damit einfach leichter. Gute Welpenaufzucht und -erziehung ist also kein "Spaziergang", sondern eine verantwortungsvolle Aufgabe von Züchter*innen und Halter*innen fürs ganze (Hunde)leben! Dies sollte uns stets bewusst sein!

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