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DOGS Trainingstipp im Juli

Angst vor dem Alleinbleiben

Ich habe mich erstmals als Pflegestelle zur Verfügung gestellt und seit 4 Wochen lebt eine kleine Terrier-Mix-Hündin bei mir, bis sie ein Zuhause findet. Sie ist eine sehr liebenswerte Hündin, die allerdings ohne Ende kläfft, wenn ich die Wohnung verlasse. Dass ich dadurch sehr eingeschränkt werde, ist das eine, es macht aber auch die Vermittlung sehr schwierig. Deshalb wäre ich für Tipps sehr dankbar.

Wie schön, dass Sie sich im Tierschutz engagieren und in Not geratenen Hunden ein Zuhause für den Übergang zur Verfügung stellen! Gerade Hunde aus dem Tierschutz sind oftmals mit der Situation im neuen Zuhause überfordert, vor allem, wenn sie zuvor auf der Straße gelebt haben. Konnten sie bisher „machen was sie wollten“ und mussten sich an keine Regeln halten, ist es für sie oftmals eine große Umstellung, nun beim Menschen in einem Tagesablauf mit festen Regeln zu leben. Viele Hunde schaffen diese Umstellung jedoch schnell, wenn sie merken, dass diese eine große Erleichterung für ihr Leben bedeutet. Sie müssen sich nicht mehr um alles kümmern, weder um die Beschaffung von Futter noch um die Verteidigung von Schlafplätzen. Sie müssen zudem keine Verantwortung mehr übernehmen, weder für die eigene Sicherheit, noch für die weiterer Artgenossen. Daher schließen sie sich oftmals eng an ihre neue Familie an und verstehen es nicht, wenn sie dann auf einmal ganz allein zurückbleiben sollen. Hinzu kommt, dass es in der Natur nicht vorkommt, dass ein Hund allein gelassen wird. Jeder Hund kann sich dem anderen anschließen oder aber entscheiden, sein eigenes Ding zu machen. Müssen diese Hunde nun allein zu Hause bleiben, kommt es bei vielen zu großer Verlustangst. Sie verstehen nicht, warum sie ihre Familie nicht begleiten dürfen und wissen ja auch nicht, dass die Familie „bald wieder da ist“. Dass der Mensch auch in seiner Abwesenheit für die Sicherheit des Hundes gesorgt hat, kann man ihnen leider auch nicht erklären. Und so kommt es häufig zu Problemen beim Alleinbleiben, entweder indem der Hund die Wohnungseinrichtung zerstört bzw. Wände und Türen zerkratzt, oder aber indem er lautstark bellt oder sogar heult.

Mit solchen Hunden muss man das Alleinbleiben in winzig kleinen Schritten aufbauen. Beginnen Sie das Training, indem Sie zunächst einmal nur kurz nach draußen gehen, dann aber sofort wieder hereinkommen. Ist Ihre Hündin dabei aufgeregt, versuchen Sie nicht, sie beim Hereinkommen zu beruhigen, denn das würde ihre Aufregung nur noch verstärken. Da aus Ihrer Sicht ja gerade nichts Besonderes passiert ist, ignorieren Sie ihre Aufregung einfach und beschäftigen sich weiter mit der Hausarbeit. Wenn Sie das Haus verlassen, gehen Sie ebenfalls einfach kommentarlos nach draußen, denn eine Verabschiedung würde Ihrer Hündin das Verlassensein geradezu ankündigen, sodass sie nach einiger Zeit dadurch bereits in Aufregung versetzt werden würde. Wenn Sie das Haus verlassen, sollten Sie weitere eventuelle Auslösereize für die Angst Ihrer Hündin in das Training mit einbeziehen. Dazu müssen Sie Ihre Hündin genau beobachten. Reagiert sie schon, wenn Sie nur den Schlüssel in die Hand nehmen, die Jacke anziehen oder die Handtasche umhängen? Dann sollten Sie all dies nun sehr häufig Zuhause machen, dabei aber das Haus nicht verlassen. Stattdessen ziehen Sie für das Training des Alleinbleibens den Jogginganzug an oder verlassen das Haus in Hausschuhen. Oftmals hilft bei dieser Problematik auch dem Hund beizubringen, eine Zeitlang nicht direkt in der Nähe des Menschen zu liegen, sondern auf seinem Liegeplatz. Der Liegeplatz sollte sich in einer ruhigen Ecke im Wohnbereich des Menschen befinden, sodass der Hund in Ruhe entspannen kann, vom Leben der Familie aber nicht ausgeschlossen ist.

Wichtig ist nun, die Zeit, die Ihre Hündin allein bleiben muss, in winzig kleinen Schritten zu steigern. Klappt es anfangs mit 10 Sekunden, trainieren Sie dies sehr häufig am Tag. Steigern Sie den Zeitraum nach einigen Tagen auf 20 bis 30 Sekunden. Wenn Sie fleißig trainieren, können Sie Ihre Hündin nach 3 bis 4 Wochen für einige Minuten allein lassen. Nun können Sie die Schritte auch ein wenig größer machen. Die meisten Hunde können bei diesem Training nach etwa 2 bis 3 Monaten 1 bis 2 Stunden problemlos allein bleiben. Gerade wenn der Zeitraum länger wird, sollten Sie Ihre Hündin vorab körperlich und geistig gut auslasten. Ein langer Spaziergang mit vielen kurzen Trainingseinheiten macht müde, sodass Ihre Hündin froh sein wird, nun eine Zeitlang ausruhen zu können. Bitte verlassen Sie das Haus aber nicht sofort nach dem gemeinsamen Spaziergang, da der Übergang dann für Ihre Hündin zu abrupt wäre.

Wichtig: Während der Zeit des Trainings dürfen Sie Ihre Hündin nicht länger allein lassen, als sie es ohne erneut Stress zu bekommen, schafft, denn das würde Sie um einiges im Erfolg des bisherigen Trainings zurückwerfen. Organisieren Sie sich so, dass Sie sie entweder mitnehmen können oder aber eine Betreuung für solche Zeiten für sie finden.