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Richtig korrigieren im Hundetraining? "Wenn er etwas davon hat, macht ein Hund alles!"

Einen Hund zu maßregeln, war gestern, denn daraufhin zeigt er höchstens Meideverhalten. Fehler im Training sind am einfachsten zu korrigieren, wenn der Hund sich davon einen Vorteil verspricht. Und wenn er uns versteht.

Korrekturen und Tabus gehören für unsere Hunde zur innerartlichen Kommunikation. Bereits Welpen werden durch die Mutterhündin in die Schranken gewiesen, wenn sie unerwünschte Verhaltensweisen zeigen, und lernen dadurch, was erlaubt ist und was nicht. Umso wichtiger ist es, dass wir sofort mit dem Einzug des Vierbeiners klare Regeln aufstellen und diese beibehalten. Nur so geben wir dem Hund die Möglichkeit, die Grenzen seines Verhaltens zu erlernen, Vertrauen in unser Handeln aufzubauen und sich gut entfalten zu können. 

Neben den alltäglichen Benimmregeln versuchen Hundehalter durch viel Training ihrem Vierbeiner erwünschte Verhaltensweisen beizubringen. Leider werden wir in unserer Hundeschule auch heute noch sehr häufig mit veralteten Trainingsmethoden konfrontiert, die versuchen, dem Hund ausschließlich durch Strafreize und Maßregelungen Signale beizubringen und diese zu festigen. Doch ist dies wirklich notwendig und führt es schneller zum Erfolg? 

Damit ein Hund ein Signal zuverlässig im Alltag ausführt, ist es wichtig, dass er dies im Vorfeld in Ruhe erlernen und das Signal durch viele Wiederholungen in unterschiedlichen Situationen festigen konnte. Lernen definiert sich hierbei als eine stabile Veränderung eines Verhaltens aufgrund von Erfahrungswerten. In der Natur beispielsweise werden vorrangig Dinge erlernt, die für den Vierbeiner aus rein biologischer Sicht Sinn ergeben. Dies schließt unter anderem das Jagdverhalten als Nahrungserwerb oder auch die Vermeidung von Gefahren mit ein. 

Die von uns Menschen erwünschten Verhaltensweisen entsprechen jedoch zumeist nicht der eigentlichen Natur unserer Vierbeiner. Kein Hund muss innerhalb eines Rudels bei einem Artgenossen „bei Fuß“ laufen oder sich auf dessen Wunsch unverzüglich setzen. Wir bringen unseren Hunden also Verhaltensweisen bei, die rein biologisch für sie keinen Sinn ergeben. Im Gegenteil – sie hindern sie zum größten Teil an den genetisch fixierten Verhaltensabläufen. Beispielsweise ist der Abruf aus der Hasenhatz oder das Unterbinden von Sexualverhalten aus Sicht eines Hundes in keiner Weise sinnvoll. Dennoch sind es unabdingbare Grundregeln, die ein Hund lernen muss, um sich in unseren menschlichen Alltag bestmöglich zu integrieren. 

Ein Hund ist von Natur aus ein Opportunist. Das bedeutet mit anderen Worten, dass er für sich selbst erfolgsorientiert arbeitet und sich immer so verhalten wird, wie es ihm selbst am meisten Vorteile verschafft. Dementsprechend muss sich der Aufbau neuer, erwünschter Verhaltensweisen und Signale für ihn selbstverständlich ebenso lohnen. 

Veraltete Trainingsmethoden, die ausschließlich auf dem Einsatz von Strafreizen basieren, wie beispielsweise der Leinenruck für das perfekte Fußlaufen oder das Straffziehen der Leine Richtung Boden zum Erreichen einer Platzposition, entsprechen daher nicht dem zielorientierten Lernverhalten unserer Hunde. Sie führen lediglich dazu, dass ein Hund aus Unsicherheit und Angst bestimmte Verhaltensweisen zu vermeiden versucht. Da jedoch zumeist der eigentliche Aufbau des erwünschten Verhaltens fehlt, sondern lediglich eine Korrektur unerwünschter Verhaltensweisen stattfindet, weiß der Hund letztendlich nicht sicher, was von ihm verlangt wird. Er lotet lediglich aus, was zu Strafen führt. 

Um ein vertrauensvolles Team zu werden und dem Hund zuverlässige Verhaltensweisen anzutrainieren, sollte sich die Zusammenarbeit mit dem Menschen und der Aufbau neuer Signale für den Hund lohnen. Welche Belohnung für den Hund die richtige ist, muss immer individuell entschieden werden. Ob Futter, Streicheleinheiten oder ein ausgiebiges Spiel mit dem Menschen – wichtig ist nur, dass die ausgewählte Variante für den Vierbeiner tatsächlich eine Belohnung darstellt. Die meisten Hunde empfinden es beispielsweise in stressigen Momenten als eher unangenehm, angefasst zu werden, und sie weichen der menschlichen Hand aus. Dementsprechend gilt es, die Belohnungsform zu finden, die situativ und individuell je nach Hund angepasst ist. 

Häufig wird dem Hund bei Nichtausführen eines Signals „Ungehorsam“ unterstellt und der Mensch versucht über körperliches Eingreifen seinen Willen einzufordern. Ein ganz typisches Beispiel hierfür ist, dass ein „Sitz“ vom Hund scheinbar ignoriert wird und der Halter versucht, den Hund mit Druck auf die Kruppe in die gewünschte Position zu bringen. Der Hund lernt jedoch bei dieser Form des Trainings ausschließlich, sich bei Druck auf das Hinterteil zu setzen und nicht auf das Signal an sich zu reagieren. 

Führt ein Hund die gewünschten Signale nicht aus, so gilt es zu allererst, auf Fehlersuche zu gehen. Oftmals sind Missverständnisse und Kommunikationsfehler die Ursache hierfür. Hunde orientieren sich hauptsächlich an der menschlichen Körpersprache. Verbale Signale spielen eine untergeordnete Rolle. Somit muss sich der Hundehalter selbst reflektieren und darin schulen, für seinen Hund klar lesbar zu werden. Hierzu ein ganz banales und doch alltägliches Beispiel: In der Regel bringen Hundehalter ihrem Vierbeiner bei, sich beim nach oben gestreckten Zeigefinger als Sichtzeichen zu setzen. Die flache Hand in Richtung Boden bedeutet zumeist das Signal „Platz“. Doch was nun, wenn verbal zwar ein „Sitz“ erklingt, körpersprachlich jedoch unabsichtlich über die Hand das „Platz“-Signal gegeben wird? Der Hund wird sich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit an der Körpersprache orientieren und sich ablegen. 

Grundsätzlich gilt, dass der Aufbau neuer Signale in möglichst reizarmer Umgebung erfolgen sollte. Dies ist beispielsweise zu Hause gegeben. Der Hund kann in aller Ruhe ohne Ablenkungen durch viele Wiederholungen das gewünschte Verhalten erlernen. Zudem werden idealerweise gleich Hör- und Sichtzeichen mit dem neu aufgebauten Verhalten verknüpft. Klappt die Ausführung in dieser Umgebung sehr gut, werden die Außenreize langsam gesteigert. Das bedeutet, dass das Training von nun an draußen weitergehen kann. Allerdings sollte auch hier auf die langsame Steigerung der Reizlage geachtet werden. Häufig wird im Welpenkurs davon berichtet, wie gut das Training zu Hause klappt – auf dem Trainingsplatz zeigt der Hund jedoch nichts davon. Das hat natürlich unter anderem den Grund, dass gerade im Gruppentraining noch andere Hunde anwesend sind. Diese Reizlage ist für die meisten Vierbeiner mit Abstand die schwierigste. 

Um ein Signal zuverlässig ausführen zu können, braucht es viele erfolgreiche Wiederholungen gerade in der Aufbauphase. Um ein Signal zu generalisieren ist es notwendig, dass dieses mit viel Fleiß und Feingefühl in sämtlichen Situationen des Alltags immer wieder sorgfältig trainiert wird. 

Eine weitere Ursache ist die fehlende Motivation des Hundes, mit seinem Halter zusammenzuarbeiten. Ist der Hund draußen generell schon schlecht ansprechbar und interessiert sich mehr für die Umwelt, muss zuallererst an der Beziehung zwischen Hund und Halter gearbeitet werden. Die Frage, die man sich nun stellen muss, ist, wieso der Hund sämtliche Reize als viel spannender empfindet und warum die Aufmerksamkeit seinem Halter gegenüber dadurch beeinträchtigt wird.

Vor allem beim Aufbau und dem Festigen neuer Signale kann es unter Umständen zu einer Fehlverknüpfung kommen. Dies kann unter anderem durch schlechtes Timing bei der Belohnung des Hundes entstehen oder auch durch einen ungenauen Übungsaufbau. So sollte beispielsweise bei dem Signal „Sitz-Bleib“ auch auf das Aufrechtsitzen bestanden und das Hinlegen des Hundes korrigiert werden, indem man wieder zu ihm geht und ihn erneut in die Sitzposition lockt. Erhält der Hund am Ende der Übung trotz der Ablage seine Belohnung, wird er dieses Verhalten immer wieder zeigen. 

Wurde in langsam steigenden Reizlagen mit vielen Wiederholungen trainiert und führt der Vierbeiner das Verhalten zuverlässig aus, kann man davon ausgehen, dass er die Übung verstanden hat. Dennoch kann es durch verschiedene Außenreize passieren, dass sich Hunde unwohl fühlen und Probleme mit der Umsetzung haben. 

Ist das der Fall, sind meist typische Übersprungshandlungen, wie schlecken, sich kratzen, gähnen oder auch den Blick abwenden, zu beobachten. Gerade bei diesen Ursachen wird der Einsatz von Strafreizen nicht zum gewünschten Erfolg führen. Ist der Halter in seiner Körpersprache unklar, hat er ein neues Signal nicht umfangreich generalisiert oder hat er unabsichtlich Fehlverknüpfungen geschaffen, so hatte der Hund gar nicht die Möglichkeit, das Signal auszuführen und eine Maßregelung ist absolut ungerechtfertigt. Sind die Außenreize noch viel zu hoch für den Hund, gerät er dadurch unter starken Stress und ist nicht in der Lage, Signale zuverlässig auszuführen. Daran kann auch durch Druck des Halters nichts geändert werden. Im Gegenteil – es wäre unter Umständen sehr schädlich für die Beziehung, wenn ein bereits überforderter Hund in diesen Momenten zusätzlich Maßregelungen von seinem Halter erfährt.

Probleme im Hundetraining und die möglichen Ursachen

Der Halter sagt „Platz“, der Hund bleibt stehen 

In erster Linie muss der Hundehalter bei dieser Situation seine eigene Körpersprache überdenken – welches Sichtzeichen wurde gegeben, welches verbale Signal dazu. Wurde das Signal zum Abliegen bereits so umfangreich trainiert, dass der Hund dies in der gewünschten Situation und Reizlage abrufen kann? Ein ganz banaler Grund für das Nicht-Hinlegen kann zudem sein, dass sich beispielsweise sehr dünnfellige Hunde sehr ungern auf kalte oder nasse Böden legen.

 

Signal „Such“ – und der Hund schaut fragend 

Dann liegt der Verdacht nahe, dass der Hund das Signal noch nicht umfangreich verinnerlicht oder verstanden hat. Auch die Suche nach Gegenständen muss schrittweise aufgebaut werden. Man lässt den Hund bei den ersten Durchgängen ruhig beim Verstecken der Beute zugucken. Zudem ist zum Beispiel die Suche nach Futterbrocken klar durch ein separates Signal von der Suche nach Gegenständen zu unterscheiden. Um dem Hund die Arbeit zu erleichtern, fügt man einfach ein zusätzliches Wort ein, welches dem Hund verdeutlicht, wonach er auf die Suche gehen soll – „Such Dummy“ oder „Such Leckerli“ bieten sich hier beispielsweise an. Des Weiteren orientieren sich Hunde auch bei dieser Beschäftigungsform stark an der menschlichen Körpersprache. In diesem Rahmen geht es ganz besonders um die Blickrichtung. Bei der eigenständigen Suche soll sich der Hund vom Halter weg bewegen. Schaut der Halter dem Hund bei dem Signal „Suuuuch“ tief in die Augen, wird dieser mit hoher Wahrscheinlichkeit, wenn er in der Ausführung noch sehr unsicher ist, einfach sitzen bleiben. Hier der Tipp – unbedingt immer in die Richtung schauen, in die der Hund auf die Suche gehen soll.

 

Signal „Tunnel“ beim Agility – und der Hund arbeitet die Hürde 

Die Ursache kann hier beispielsweise am ungenauen Aufbau der einzelnen Elemente liegen. Weiß der Hund tatsächlich, was das Signal „Tunnel“ bedeutet? Zudem orientieren sich Hunde auch bei dieser schnellen Sportart sehr an der Körpersprache des Menschen, denn diese gibt dem Hund den Verlauf des Parcours vor. Wird das nächste Element zu langsam oder undeutlich angezeigt, kann es schnell zu Fehlern kommen.

 

Signal „Fuß“ – und der Hund zieht dennoch an der Leine 

Die Ursache einer mangelnden Leinenführigkeit liegt häufig schon im Aufbau dieses Signals. Hier kommt es auf ein kleinschrittiges Training in sämtlichen Reizlagen über eine langsam ansteigende Dauer an, um das gewünschte Verhalten zu formen und zu festigen. Dies ist natürlich im alltäglichen Leben gar nicht so einfach umsetzen, wodurch Hunde sehr schnell in große Stressmomente geraten können, die jedoch dem Training nicht mehr angepasst sind. Das Beenden der Fuß-Übung über ein Freigabesignal, bei dem der Hund sich wieder aus dieser Position heraus bewegen darf, oder auch die Unterscheidung von Halsband und Geschirr können hier hilfreich sein. Zudem besteht bei dieser Übung die große Gefahr einer Fehlverknüpfung. Anstatt das Signal weiterhin zu festigen, wenn der Hund gewünschtes Verhalten zeigt, wird „Fuß“ häufig als Ermahnung genutzt in Momenten, in denen der Hund ziehend in der Leine hängt. Kaum ein Halter belegt bei dieser Übung gewünschtes Verhalten, nämlich wenn der Hund entspannt an lockerer Leine neben ihm läuft, mit dem Signal und belohnt es. Nach einiger Zeit, in der das Wort „Fuß“ ausschließlich in unerwünschten Momenten genutzt wird, hat der Hund gelernt, dass dieses Signal sich offensichtlich auf die gespannte Leine bezieht. Eine weitere Gefahr der Fehlkonditionierung besteht darin, dass der Hund bei dieser Übung häufig die meiste Aufmerksamkeit des Menschen erhält, wenn er unerwünschte Verhaltensweisen zeigt. Läuft er locker an der Seite seines Halters, erhält er dagegen in der Regel wenig Ansprache. Damit ist das Spannen der Leine natürlich zusätzlich eine lohnenswerte Sache. Bei veralteten Trainingsmethoden erfolgt meist eine Einwirkung über die Leine, indem der Hund mit einen Ruck gemaßregelt oder zurück in die gewünschte Position gezogen wird. Hierdurch erfährt der Hund, welches Verhalten nicht erwünscht ist. Welches jedoch das eigentlich gewünschte Verhalten ist, wird meist nicht zureichend bestätigt. Abgesehen von der völlig überzogenen körperlichen Maßregelung besteht zudem das Problem darin, dass diese Form des Trainings selten konsequent in den Alltag gebracht wird. So wird es Momente geben, in denen der Hund durch Zug zum Ort der Begierde kommt. Wird nun in einer Situation das Ziehen an der Leine gemaßregelt und in der nächsten nicht, führt dies zu starken Unsicherheiten beim Hund gegenüber seinem Halter.

 

Artikel meiner Kollegin Franzi Herre (Martin Rütter DOGS Erfurt/Weimar) für die Zeitschrift "Mein Hund und Ich"