Zur Martin Rütter DOGS Hauptseite

DOGS Rassekunde

Jack Russell Terrier

Der Begründer dieser Rasse ist der englische Pfarrer und Jäger John - genannt Jack - Russell, der 1819 einen weißen, rauhaarigen Fox Terrier mit Abzeichen am Kopf kauft. Diese Hündin stand am Anfang der Weiterentwicklung einer Linie von Fox Terriern zu kleineren Terriern, die zwar schnell waren wie die Fox Hounds, aber klein genug, um unterirdisch Füchse und andere Beutetiere aus ihren Bauten zu treiben. Langfristig entwickelten sich daraus zwei Varianten: der größere, quadratisch gebaute „Parson Russell Terrier“ und der kleinere, etwas längere „Jack Russell Terrier“.

Der Jack Russell hat sich vor allem im 19. Jahrhundert in Australien weiterentwickelt. Direkte Nachkommen der Terrier von John Russell wurden dort ab 1880 bei der Jagd auf Füchse eingesetzt, die in Australien vor allem enge Kaninchenbauten besiedelten. Die Jäger brauchten daher Hunde, die höchsten 30 Zentimeter hoch waren.

Erst 1991 wurde der Jack Russell als eigene Rasse in Australien anerkannt, 2000 folgte schließlich die Anerkennung durch die FCI.

Die ideale Widerristhöhe des Jack Russell Terriers beträgt heute 25 bis 30 Zentimeter. Das Gewicht wird mit einem Kilogramm pro fünf Zentimeter Widerristhöhe angegeben. Der Jack Russell soll insgesamt länger als hoch sein. Sein überwiegend weißes Fell mit schwarzen, braunen, lohfarbenen oder hieraus kombinierten Abzeichen kann glatt-, rau- oder stichelhaarig sein. Die Ohren sind V-förmig und nach unten geklappt.

Unter den Jagdhunden ist der Jack Russell Terrier der Gruppe der Solitärjäger zuzuordnen. Diese Bezeichnung ergibt sich durch die große Selbstständigkeit, die der kleine, robuste Hund bei der Baujagd an den Tag legen muss. Und genau diese Selbstständigkeit sowie frühes Erwachsenwerden und ein äußerst ausgeprägtes Temperament machen die Erziehung des Jack Russells sehr komplex. Er ist daher weder als Anfängerhund noch als reiner Familienhund geeignet. Aber in einem aktiven Haushalt mit älteren Kindern und mit der Möglichkeit, ihn körperlich, aber vor allem auch geistig auszulasten, ist der Jack Russell bestens aufgehoben

 

(Artikel erstellt von Heike Kleinhans/DOGS Hundeschule Bielefeld/Gütersloh)

 

Ist mein Hund intelligent?

Jeder von uns hat doch seinem Hund schon mal eine unglaubliche Schlauheit attestiert. In gewissen Situationen haben Sie aber sicher auch schon mal kopfschüttelnd nicht verstanden, warum Ihr Hund z. B. Ihren Kommandos nicht folgen kann. Aber was macht Intelligenz bei Hunden eigentlich aus? Und gibt es wirklich dumme Hunde? 

WAS IST INTELLIGENZ EIGENTLICH?

Um eine Antwort auf diese Frage finden zu können, bedarf es erst einmal einer Begriffsdefinition. Das lateinische Wort „intelligentia“ steht für Erkennungsvermögen und Verstand. Dabei wird Intelligenz, zumindest beim Menschen, in viele verschiedene Kategorien unterteilt: sprachliche Intelligenz, logisch-mathematische Intelligenz, räumliche Intelligenz, musikalische Intelligenz, soziale Intelligenz, Handlungsintelligenz. So kann jemand zum Beispiel unglaublich schnell im Kopfrechnen, in sozialen Interaktionen mit Menschen aber schnell überfordert sein. Dies ist auch der Grund für die häufige Kritik an Intelligenztests: Oft basieren IQ-Werte nämlich nur auf rational messbaren Ergebnissen wie Allgemeinbildung, mathematischem und räumlichem Verständnis sowie Wortschatz und Gedächtnisleistung. Fähigkeiten wie soziale, praktische und emotionale Intelligenz werden dabei meist nicht berücksichtigt. „Offensichtlich sagt der IQ wenig über die Intelligenz eines Menschen aus“, meint der neuseeländische Intelligenzforscher James Robert Flynn kritisch dazu. Ähnlich komplex ist es auch bei der Intelligenzermittlung von Hunden. Der amerikanische Psychologe und Hundeforscher Dr. Stanley Coren unterscheidet die instinktive Intelligenz, also die ererbten Fähigkeiten, die zumeist in engem Zusammenhang zur Rasse stehen, die adaptive Intelligenz, also die im Laufe des Lebens erlernten Fähigkeiten, sowie die Arbeits- und Gehorsamsintelligenz. 

In einem seiner Tests ermittelte er unter den bekanntesten Hunderassen ein Ranking der Intelligentesten. Seine Basis waren eine Fülle von Forschungsergebnissen und die systematische Befragung von Ausbildern in über 1.000 Hundeclubs in Nordamerika. Die Ergebnisse gingen um die Welt: Platz 1 der Border Collie, Platz 2 der Pudel, gefolgt vom Deutschen Schäferhund, dem Golden Retriever und dem Dobermann. Was hier aber nicht vergessen werden darf: Für seine Liste zog Coren nur die Arbeits- und Gehorsamsintelligenz heran.

WAS MACHT INTELLIGENZ BEI HUNDEN AUS?

Basierend auf Corens Ergebnissen gehört der Basenji mit zu den unintelligentesten Hunden. Aber mal ehrlich: Ein Hund, der zum Teil bis heute noch mit Urvölkern im afrikanischen Busch lebt und dort als Jagdhelfer fungiert, kann und darf doch gar nicht dumm sein. Es ist doch völlig klar, dass ein solcher Hund es vielleicht nicht sinnvoll findet, auf Verlangen des Menschen Sitz zu machen oder einen Ball zu apportieren. Aber selbstständig eine knifflige Jagdstrategie zu finden, wird ihm immer möglich sein. In unserer Gesellschaft und mit der heutigen Form der Hundehaltung machen wir aber gemeinhin den Fehler, nur Kooperationsbereitschaft als einzigen Indikator für Intelligenz zu bewerten. Bringt der Bernhardiner den Ball nicht zurück, schließen wir häufig daraus, dass er nicht versteht, wie das funktioniert. Oft ist aber das Gegenteil der Fall und der Hund weiß sehr wohl wie das technisch funktionieren würde, erkennt aber daraus für sich keine Sinnhaftigkeit, was wiederum eher für Intelligenz spricht. Oder ist der Border Collie, der zum 238. Mal dem Ball hinterherläuft, um mit schielenden Augen erneut einzufordern, dass er nochmal geworfen wird, wirklich schlauer?

Vielmehr sollte Intelligenz bei Hunden auch anhand der Kreativität beim Lösen von Aufgaben bemessen werden. Schon bei ein paar Wochen alten Welpen kann man hier deutliche Tendenzen erkennen. Kürzlich habe ich einen Wurf Border Collies beim Züchter besucht. Es ging ihm darum, eine professionelle Einschätzung zu erhalten, welcher Hund wohl am besten den Anforderungen des jeweils zukünftigen Halters entspricht, auch ein Therapiehund sollte auserkoren werden. Mittels einer Reihe von Tests konnten wir verschiedenste Eigenschaften prüfen. Ein sehr spannender Test in puncto Strategiefindung ist es, ein gut duftendes Stück Wurst unter einem von drei Bechern zu verstecken und zu beobachten, wie die Welpen an die Sache herangehen. Einerseits ist schon spannend, welche Hunde genau beobachten, wo das Futterstück untergebracht wird, andererseits ist es aber auch interessant zu sehen, wie sie sich anstellen, um unter den auserwählten Becher zu gelangen. Tatsächlich haben drei von fünf Border Collies bereits im Alter von 43 Tagen bewiesen, dass sie den ersten erfolgreichen Versuch exakt reproduzieren, um dadurch effektiver an die Nahrung zu kommen. Einer von ihnen verlor nach dem dritten erfolglosen Versuch übrigens die Motivation weiterzumachen, der andere schlief währenddessen ein.

„DUMME HUNDE SIND GENÜGSAMER“ – MARTIN RÜTTER

„Hunde mit einer derart hohen Motivation und Lernbereitschaft wirken zwar im ersten Moment interessant, spätestens im Zusammenleben werden aber alle Nachteile deutlich“, so Hundeversteher Martin Rütter. Die Führung solcher Hunde ist wesentlich komplexer und anstrengender, da sie immer neue Wege finden werden, Regeln zu umgehen und mehr ausprobieren. Der Hundeexperte rät sogar wortwörtlich eher zu „dummen Hunden“, da diese im Umgang wesentlich genügsamer sind. Jene Border Collies, die beim Welpentest unmotiviert waren oder sogar eingeschlafen sind, zeigen schon mal, dass ihr Temperament und ihre Kreativität nicht grenzenlos sind – bei einer Rasse wie dem Border Collie kann das zunächst kein Nachteil sein. Zu motivieren sind diese Hunde immer, sie herunterzudrehen ist die aufwendigere Aufgabe.

KANN MAN INTELLIGENZ TRAINIEREN?

Es gibt viele Hunde, die zwar eigentlich eine schnelle Auffassungsgabe haben, aber beim Training schnell überfordert oder frustriert sind. Meistens haben diese Vierbeiner nicht wirklich gelernt zu lernen – aber auch das will erlernt sein! Allen Hunden ist Konzentration und die Fähigkeit zu lernen, wenn auch nicht immer auf dem gleichen Weg, beizubringen. Einen Hund sukzessive beim Denken zu fördern, ist also durchaus möglich, Grenzen wird es aber immer geben. Auch die oft beliebten Intelligenzspiele werden Ihren Hund nicht schlauer machen. Sie werden aber, richtig angewandt, mit dafür sorgen, dass Ihr Vierbeiner lernt, sich zu konzentrieren. Darüber hinaus haben sie durchaus auch Potenzial, seinen Horizont in puncto Strategiefindung zu erweitern. Dennoch ist es in unserer Gesellschaft wichtiger, Hunde vor allem auf einer sozialen Ebene zu fördern. Intelligenzspiele, bei denen zum Beispiel Holzschubladen mit Pfote oder Schnauze bedient werden, fördern eher das selbstständige Erarbeiten von Lösungen. Für das Zusammenleben von Mensch und Hund ist es aber immer ratsam, den Menschen als wichtigen Partner zu etablieren und eher Dinge zu trainieren, die dem Hund suggerieren, dass die Hilfe des Halters unentbehrlich ist. Dafür eignen sich für alle Rassen zum Beispiel das Apportieren mit einem Futterbeutel oder gemeinsame Futtersuchspiele.

DIE INTELLIGENZ DES HALTERS…

Letztendlich wird es nie einen guten Indikator oder aussagefähigen Test für die Ermittlung der Intelligenz unserer Hunde geben. Dennoch ist es wichtig, sie gerade vor der Anschaffung eines neuen Hundes aus allen Blickwinkeln zu beleuchten, denn all die beschriebenen Eigenschaften zu kennen und vor allem zu wissen, wie man richtig damit umgeht, ist unentbehrlich für ein harmonisches Zusammenleben. Und eins noch zum Schluss: Auch die Lehrfähigkeit des Menschen darf bei der Ermittlung von Intelligenz bei Hunden nicht außer Acht gelassen werden. Viel zu oft beherrschen Hundehalter die Grundlagen von Körpersprache und Kommunikation nicht und werden dadurch für ihren Hund zum unlesbaren Buch. Auch das falsche Timing führt oft dazu, dass der Hund zu Unrecht als lernschwach bezeichnet wird. Ein gutes Gefühl für Pausen und das richtige Maß an Trainingsintensität sind ebenfalls Voraussetzung. Es gibt also auch für Menschen im Umgang mit Hunden noch viel zu lernen.

 

(Artikel von Conny Sporrer/DOGS Hundeschule Wien für das Magazin crazy4dogs)

Tipps gegen Silvesterangst

Die schlechte Nachricht gleich vorweg: Es ist viel zu spät, die Silvesterangst Ihres Hundes jetzt noch in ein paar Tagen in den Griff zu bekommen. Ich gebe Ihnen hier Last-Minute-Tipps und nenne Maßnahmen, die dazu führen können, dass die Silvesternacht für Ihren Hund in diesem Jahr etwas entspannter wird. Um für Silvester 2017 richtig vorbereitet zu sein, sollten Sie bereits im Jänner mit dem Training und den richtigen Vorbereitungen beginnen.

Da der Leidensdruck und die Motiviation in der Regel in der Zeit um Silvester am höchsten ist, haben wir am 20.01.2017 einen Vortragsabend zum Thema Silvesterangst organisiert. Hier erfahren Sie alles rund um nachhaltige Trainings- und Therapiemöglichkeiten, aber auch, wo Hund und Hundehalter manchmal leider auch klare Grenzen gesetzt sind.

Hier aber nun ein paar, mehr oder weniger kurzfristige, Tipps gegen die Silvesterangst:


KAUEN & LECKEN

Ein großer, saftiger Kauknochen oder ein gefüllter KONG oder Markknochen mit Frischkäse, Leberwurst o.Ä. lenken nicht nur ab, das Lecken und Kauen setzt auch Glücks- und Beruhigungshormone frei, die den Hund automatisch ein bisschen beruhigen – ähnlich wie das Schnullernuckeln eines Babys. Tipp: Im gefrorenen Zustand ist der Hund umso länger mit dem „Leckobjekt“ beschäftigt.

VORHÄNGE ZU, MUSIK AN

Vorhänge und Jalousien am besten frühzeitig schließen. Entspannende Musik, die in höchstmöglicher, aber noch angenehmer Lautstärke läuft, dämpft Knallgeräusche gut ab. Wenn möglich, gerne früh genug mit dem Hund in den Keller gehen. Dr. Deborah Wells von der Queens University in Belfast erforschte übrigens an verschiedenen Tieren, dass klassische Musik nachweislich entspannen würde. Tierheimhunden wurde beispielsweise leichte klassische Musik wie Mozart oder Balladen vorgespielt, welche die Hunde nachweislich beruhigten, wohingegen Popmusik oder das Vorspielen menschlicher Gespräche vom Tonband keine Auswirkung auf die Stimmung der Hunde hatte. Musik von Wagner, Hardrock oder Heavy Metal hingegen riefen wesentlich mehr Stress hervor (Wells 2000).

Die Verhaltenstierärztin Sophie Strodtbeck berichtete kürzlich davon, dass die banale Idee, ihrem Hund etwas Watte in die Ohren zu stecken und diese mit einem Schal und selbsthaftenden Verband um den Kopf zu fixieren, wesentlich zur Entspannung beigetragen hat. Alternativ wären hierzu auch spezielle Ohrenschützer für Hunde denkbar. So einfach die Idee auch wirkt, ich finde sie gut, wenngleich ich aber denke, dass die meisten Hunde dieses „neue Gefühl“ im Ohr und um den Kopf nicht gut aushalten und versuchen werden, Schal & Co. abzustreifen. Einen rechtzeitigen Versuch ist es aber allemal wert.

RÜCKZUG BIETEN

Verkriechen ist an Silvester überall erlaubt (auch wenn der Bereich sonst evtl. verboten ist). Früh genug und richtig aufgebaut, kann auch eine eigene Transportbox eine gut geeignete Höhle für den Hund sein, nicht nur zu Silvester. Krabbelt Ihr Hund plötzlich auf’s Sofa oder ins Bett, lassen Sie das bitte zu. Verstehen Sie es als großes Kompliment an Ihre Mensch-Hund-Beziehung – schließlich sucht der Hund Ihre Nähe und Sicherheit, um zu entspannen.

NÄHE ZULASSEN

Will Ihr Hund sich an Sie kuscheln, lassen Sie das natürlich auch zu. Der Rat, den Hund in einer Angstsituation nicht streicheln zu dürfen, um die Angst nicht zu verstärken, ist mittlerweile längst überholt. Wenngleich es schon wichtig ist, die Situation für den Hund durch übertriebene Aufmerksamkeit nicht weiter besonders zu machen. Ruhe und Gelassenheit auszustrahlen hilft Ihrem Hund, möglichst nichts Außergewöhnliches an der Situation zu finden. Eine sanfte Massage schüttet übrigens nachweislich das Bindungshormon Oxytocin aus. Diese ist allerdings nur dann sinnvoll, wenn Ihr Hund sie auch genießt und nicht dazu genötigt wird. Manche Hunde schätzen es auch, nur gehalten zu werden oder eine Hand, die man ihnen auflegt, um Nähe zu zeigen.

Immer wieder hört man auch vom sog. ThunderShirt®. Es handelt sich dabei im Prinzip um einen engen Body, der dem Hund durch die eher enge Kompression am Körper Sicherheit & Ruhe vermitteln soll, wie es früher mit dem engen Wickeln von Babys gedacht war. Meinem eigenen Hund, der anfangs große Angst vor der Knallerei zu Silvester hatte, hat es scheinbar, natürlich neben anderweitigem, diesbezüglichem Training, geholfen. Mittlerweile, nach vier Jahren an meiner Seite, ist er zu Silvester um Mitternacht völlig entspannt und verschläft meist das ganze Spektakel. Auch hier sei erwähnt, dass Ihr Hund natürlich das Tragen von Mänteln oder Bodies dieser Art gewöhnt sein sollte oder zumindest einwandfrei akzeptieren muss. Andernfalls wäre die Anwendung mehr als kontraproduktiv.

AUSLASTEN & MÜDE MACHEN

Vor Silvester sollte der Hund nochmal bestmöglich ausgelastet werden. Dafür am besten tagsüber raus aus der Stadt, um Geräuschen und Geruch von Knallkörpern bestmöglich zu entkommen. Ist Ihr Vierbeiner dann geistig und körperlich gut ausgepowert, wird er froh sein, Zuhause seine Ruhe zu haben und sich eher weniger mit seiner Angst beschäftigen. Nutzen Sie also beispielsweise kreative Futtersuchspiele, komplexe Apportieraufgaben und ein bisschen körperliches Training, um Ihren Hund richtig müde zu machen. Achtung: Sicherheitshalber sollte das Training bereits jetzt an der Schleppleine stattfinden.

VORSICHT BEI MEDIKAMENTEN

Achtung beim Wirkstoff „Acepromazin“ (z.B. in „Sedalin“, „Vetranquil“, „Calmivet“, „Prequillan“ enthalten): Der Hund wird damit nur körperlich sediert und ist motorisch unfähig, sich gegen die Angst zu wehren, kriegt aber geistig alles mit! Achtung: Manche Tierärzte empfehlen diesen Wirkstoff noch immer. Hunde mit echten Angstzuständen können und sollten in Absprache mit einem guten Tierarzt medikamentöse Unterstützung bekommen. Der Ulmer Tierarzt Dr. Ralph Rückert beschreibt echte Geräusch- und Silvesterangst, die „pharmakologisch gedämpft werden sollte“, wie folgt: „Es geht in erster Linie um Hunde, die an Silvester unter panischen, nicht kontrollierbaren Angstzuständen leiden, also um Tiere, die völlig erstarren, die nur noch zittern, die Harn und Kot unter sich lassen oder erbrechen, die auch durch ein offenes Fenster im dritten Stock springen würden, um der Situation zu entgehen...“. Die Wirkstoffe die in diesen Fällen dann zur Anwendung kommen sollten, sind meist sog. „Benzodiazepine“ – sie wirken angstlösend, können aber auch Nebenwirkungen wie z.B. Enthemmung haben. Daher die Gabe und Dosierung unbedingt genau mit dem Tierarzt des Vertrauens abklären!

PHEROMONE UND NAHRUNGSERGÄNZUNGEN

Hunden, die zwar auch ängstlich sind, aber ihre Angst noch irgendwie kontrollieren können, kann oft mit etwas harmloseren Mitteln geholfen werden. Pheromone sind chemische Botenstoffe in Form von Duftstoffen, die eigentlich der innerartlichen Kommunikation dienen. Das sog. „Dog Appeasing Pheromone“ (DAP) spielt gerade in Bezug auf Stress und Angsttherapie eine große Rolle. In der Welpenzeit wird es von der Mutterhündin in der Zitzenregion produziert und soll auf die Welpen eine beruhigende, sicherheitsgebende Wirkung haben. Die Firma ADAPTIL® stellt dieses Pheromon als einziger Hersteller synthetisch her und schwört auf eine ebenso beruhigende Wirkung bei erwachsenen Hunden. In Form von Steckern, Halsbändern und Sprays kann damit also zumindest ein Versuch der Verbesserung unternommen werden. Zu Silvester empfiehlt ADAPTIL®, konkret mind. 24 Stunden vor der angstauslösenden Situation den Stecker zu nutzen (also im besten Fall schon ein paar Tage vor Silvester, sofern da schon geschossen wird) und für ca. eine Woche anzuwenden. Etwa 2 Stunden vor dem „Hauptereignis“ sollten ADAPTIL® Tabletten verabreicht werden. Diese enthalten keine Pheromone, sondern Nahrungsergänzungen wie z.B. die Aminosäure L-Tryptophan, die als Vorläufer und Türöffner des Stimmungsmachers Serotonin gilt. Auch „Zylkene“-Tabletten werden in diesem Zusammenhang oft genannt und können bei frühzeitiger Gabe Hilfe leisten. 

ALTERNATIVMEDIZIN: Globuli, Bachblüten & Co.

Ich bin ganz ehrlich und glaube hier, wenn überhaupt, an einen Placebo-Effekt, der beim Halter entsteht. Sofern dieser dann zu einer entspannteren Stimmungsübertragung auf den Hund beiträgt, haben auch rituelle Tänze (bitte nur zu Musik von Mozart), Schüssler Salze, Bachblüten und Co. ihre Berechtigung. Angst gehört in der Verhaltenstherapie zu den komplexesten und schwierigsten Themen und ich finde einfach, wenn es DAS Mittelchen gäbe, das wirklich nachweislich dagegen hilft, würde es mit Sicherheit jeder kennen und bei Bedarf nutzen.

DER WICHTIGSTE RAT

Seien Sie ein starker Partner für Ihren Hund. Nicht nur in der Angstsituation selbst, sondern im gesamten Zusammenleben. Nur wenn Ihr Hund Sie auch sonst im Alltag ernst nehmen kann, wird er Ihnen in schwierigen Momenten vertrauen. Wie Sie dazu am besten beitragen? Seien Sie in Ihren Vorhaben konsequent – nur wer wirklich weiß, was er will und dem auch nachgeht, ist glaubhaft. Lassen Sie sich von Ihrem Hund im Alltag nicht zu sehr manipulieren und lenken. So blöd es klingt: Sie machen sich damit, bewusst oder unbewusst, zu seiner Marionette und damit sicher nicht zu einer schutzbietenden Vertrauensperson. Das heißt z.B. auch, dass Sie einer Streichelaufforderung nicht immer einfach nachgeben sollten, sondern selbst entscheiden, wann Aufmerksamkeit stattfindet. Andernfalls geben Sie Ihrem Hund zu verstehen, dass Sie sich an ihm orientieren und nicht umgekehrt. Und gerade in Angstsituationen möchten Sie ja genau das Gegenteil vermitteln.

ALKOHOL - kein Witz

Immer wieder mal darüber gelesen, galt die Verabreichung von Alkohol an einen Hund bisher immer als tierschutzrelevante Untat. Nun hat Tierarzt Dr. Ralph Rückert in einem aktuellen Blogbeitrag ein Tabuthema deutlich relativiert: „Alkohol, von Hunden speziell in Form von Eierlikör sehr gern aufgenommen, ist natürlich - wie wir fast alle wissen - in der korrekten Dosierung ein recht potentes Sedativum mit angstlösender Wirkung. Mein Terrier Nogger (knapp 10 kg schwer) hat letztes Silvester um 20 und um 23 Uhr jeweils einen Esslöffel Eierlikör bekommen, und es hat ihm sowohl sehr gut geschmeckt als auch nach meinem Dafürhalten beträchtlich geholfen. Diese meine Erfahrung wurde mir auch von verschiedensten Seiten genau so bestätigt.“

Alkohol taucht ja immer wieder auf der schwarzen Liste der für den Hund giftigen Lebensmittel auf. Aber auch hier gilt wie immer: Die Dosis macht das Gift. So bestätigt Dr. Rückert: „Hunde fallen von einer begrenzten Menge Alkohol keineswegs tot um, sondern werden - wie wir Menschen - einfach etwas angesäuselt, was in diesem Fall genau der gewünschte Effekt ist. Und Hunde werden auch nicht, wenn sie einmal im Jahr eine minimale Menge Alkohol bekommen, zu Alkoholikern.“

---

GANZ WICHTIG: Hunde sollten an und um Silvester vorsichtshalber immer an der (Schlepp-)Leine geführt werden, eventuell sogar doppelt gesichert an Brustgeschirr UND Halsband! Selbst wenn vorher keine Angst bestand - ein überraschender Knall kann immer ein Angstauslöser sein!

Nun wünsche ich Ihnen und Ihren Hunden eine entspannte Zeit und viel Ruhe für den Start ins neue Jahr!

 

(Text von meiner Kollegin Conny Sporrer, DOGS Wien)