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Dominantes Verhalten im Alltag mit Hund

Dominanz unter Hunden oder auch im Zusammenleben von Mensch und Hund wird leider immer noch mit Aggression und Gewalt assoziiert und damit völlig falsch verstanden. 

Dominantes Verhalten bedeutet viel mehr Präsenz, Souveränität und Ruhe und sorgt dafür, dass sich Hunde respektvoll verhalten sowie orientieren können. 

Höchste Zeit also sich mit dem Thema Dominanz zu beschäftigen! Was ist Dominanz überhaupt? Wie tritt ein dominanter Hund auf? Wie reagieren andere Hunde auf dominantes Verhalten? Und was bedeutet Dominanz für mich als Mensch im Alltag mit meinem Hund? Wir wollen in unserem Blogbeitrag einen kleinen Einblick in dieses schöne Thema geben. Viel Freude beim Lesen!

Was bedeutet Dominanz beim Hund überhaupt?

„Dominanz bezeichnet zunächst einmal eine Eigenschaft von Beziehungen und nicht von Individuen.“ (Dr. Dorit Urd Feddersen-Petersen in „Hundepsychologie“) 

Das oben genannte Zitat beschreibt, dass Dominanz kein Wesenszug ist, sondern ein Verhalten, dass ein Hund einem anderen Hund gegenüber zeigen kann. Diese Dominanz hängt immer von deren Beziehung zueinander ab – ein Hund, kann sich also einem Hund gegenüber dominant verhalten, aber in einer anderen Konstellation unterwürfiges Verhalten zeigen. Dominanz sagt deshalb auch viel über den sozialen Status der Hunde innerhalb eines Beziehungsgefüges aus. An dieser Stelle räumen wir gleich mit dem ersten Mythos auf: Es gibt also nicht DEN dominanten Hund, ein Hund kann sich je nach Konstellation und Beziehung dominant oder eben unterwürfig verhalten. 

Innerhalb einer Beziehung kann der dominante Hund jederzeit gewisse Privilegien in Anspruch nehmen, wenn er das möchte. Er muss aber nicht zwingend darauf bestehen. Wir können hier also festhalten: Dominanz ist ein Privileg, die Möglichkeit und keine Pflicht seine Rechte durchzusetzen!

Wie erkenne ich dominantes Verhalten? 

Dominanz muss nicht zwangsläufig mit einer lauten Ansage, Kopfauflegen oder auf den Bodendrücken einhergehen, sondern lässt sich in ganz feiner und leiser Körpersprache erkennen, die immer mit Präsenz, Ruhe und Souveränität einher geht. Ein zielgerichteter Blick, präsente Körperhaltung mit einer erhobenen Rute, aber auch Ignoranz können wir unter Hunden beobachten. Wichtig ist dabei, dass Dominanz auch bedeutet, dass der andere Hund das Verhalten bzw. die Privilegien, die der dominante Hund für sich beansprucht, akzeptiert. Natürlich gilt wie immer, alle körpersprachlichen Signale müssen im jeweiligen Kontext und vor allem situativ betrachtet werden. ;)

Liegt ein Hund zum Beispiel auf einer Liegestelle und räumt diese, wenn ein anderer Hund diesen Platz einnehmen möchte, kann man von Dominanz sprechen. Der präsente Hund beansprucht also Freiheiten oder Privilegien, wenn er das möchte, die von seinem Gegenüber akzeptiert werden.

Wir haben euch einige körpersprachliche Signale und Situationen für Dominanz exemplarisch aufgelistet. Dabei berücksichtigen wir nicht nur den dominanten Hund, sondern auch den unterwürfigen Hund – denn dieser muss die Einschränkung seiner Freiheit akzeptieren, damit wir von Dominanz sprechen können. 

  1. Begrenzung und Blickkontrolle
    Dominantes Verhalten kann sich zum Beispiel zeigen, wenn ein Hund den anderen körpersprachlich begrenzt und dieser die Begrenzung annimmt. Auch ein zielgerichteter Blick kann die Begrenzung unterstützen. Er verwaltet damit den Raum, in dem sich der unterwürfige Hund bewegt.

  2. Individualdistanz
    Der Hund, der dominantes Verhalten zeigt bzw. den höheren sozialen Status innerhalb der Beziehung hat, besteht häufig auf die Einhaltung seiner Individualdistanz. Er kann aber auch einmal zum Spiel auffordern oder die Nähe eines anderen Hundes zulassen – denn, es geht darum, seine Privilegien beanspruchen zu können, aber nicht zu müssen. 

  3. Ressourcen beanspruchen
    Wer hat das Recht, die Ressource für sich zu beanspruchen? Auch hier muss es nicht laut oder aggressiv zu gehen. Ein dominanter Hund kann Ressourcen einfach mit präsenter Körpersprache beanspruchen, sodass der unterwürfige Hund sie ihm überlässt. Auch hier gilt, er muss es aber nicht tun. 

  4. Grenzen setzen
    Gerade ältere Hunde sind sehr geduldig mit Jungtieren. Hier wird viel ausgehalten und ignoriert. Übertreibt es der junge Hund und hüpft wiederholt auf den Rücken des erwachsenen Hundes, kann es hier zu einer kurzen Ansage und Korrektur kommen. Steif werden, Knurren, Abschnappen oder ein Nackenstoß für Fehlverhalten sind hier Beispiele. Ranghöhere Tiere erziehen, regulieren Dynamik und sorgen für Ruhe. 

Was bedeutet unterwürfiges Verhalten?

Unterwürfiges Verhalten soll Konflikte vermeiden und klarstellen, dass der soziale Status des anderen nicht gefährdet ist. Dabei unterscheidet man zwischen aktiver und passiver Unterwerfung. 

  1. Aktive Unterwerfung oder Beschwichtigung 
    Die aktive Unterwerfung geht vom rangniedrigen Hund aus. Bei der aktiven Unterwerfung zeigen Hunde oft welpentypisches Verhalten. Sie beschwichtigen zum Beispiel in Form von Mundwinkel-Lecken oder stupsen in Richtung Gesicht des anderen Hundes. Wir können bei der aktiven Beschwichtigung häufig Aufregung und viel Bewegung beobachten. So wedeln Hunde intensiv mit der Rute, halten den Kopf leicht geduckt und die Ohren angelegt. Leben die Hunde zusammen, lassen sich durch die aktive Unterwerfung – vor allem von Junghunden – Konflikte vermeiden. 

    Wird die Beschwichtigung ruhig ausgeführt, ist es als solche gemeint. Bei einer aktiven Beschwichtigung mit viel Dynamik wird diese genutzt, um „nett“ aber „penetrant“ die Aufmerksamkeit des Gegenübers einzufordern und weniger, um zu beschwichtigen. Treffen fremde Hunde aufeinander kann das Verhalten schnell zu aufdringlich werden. Im Zweifel folgt dann eine Zurechtweisung des Gegenübers. 

  2. Passive Unterwerfung oder Beschwichtigung
    Die passive Beschwichtigung wird von einem ranghohen Hund eingefordert. Bei der passiven Unterwerfung rollen sich die unterwürfigen Hunde zum Beispiel auf die Seite oder den Rücken und vermeiden den Blick des Gegenübers. Auch eine eingeklemmte Rute und wenig bis gar keine Bewegung, können wir bei der passiven Unterwerfung sehen. Beachtet auch hier, dass das Verhalten immer im jeweiligen Kontext betrachtet werden muss. Drückt ein Hund einen anderen im Konflikt auf den Boden, hat das nichts mit passiver Unterwerfung zu tun.
    Es gibt natürlich noch zahlreiche weitere körpersprachliche Signale und oft werden diese auch nicht eindeutig, sondern Variationen davon gezeigt. 

Was bedeutet Dominanzverhalten für den Alltag mit Hund?

Wir haben also bereits erfahren, dass Dominanz nichts mit Aggression oder Gewalt zu tun hat und damit auch absolut nichts mit Methoden, wie den Hund auf den Boden zu drücken.

Es geht darum, souverän Orientierung zu bieten und Regeln aufzustellen. Dazu gehört es auch klar Grenzen zu setzen, aber es bedeutet vor allem, im Alltag darauf zu achten, welche Privilegien ich als Hundehalter habe und welche Freiheiten ich meinem Hund zugestehe.  

Eine Platzzuweisung in der Wohnung, damit der Hund nicht immer liegt, wo er möchte, können eine Form der Einschränkung sein. Als Mensch kann ich auch darauf achten, dass meine Individualdistanz eingehalten wird und mit unserem Körper respektvoll umgegangen wird. Auch nicht jeder Blick nach Aufmerksamkeit muss vom Menschen beantwortet werden und Spielzeug darf auch einmal aufgeräumt werden, um dem Hund die Verantwortung für Ressourcen zu nehmen. Kleine Entscheidungen im Alltag können so wahnsinnig viel klären und vor allem ganz viele Probleme draußen auflösen. Je nach Hund und Motivation sollte ich manche Stellschrauben konsequent beachten und darf andere „vernachlässigen“.

Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, welche Privilegien es im Alltag für unsere Hunde gibt, die ihnen einen hohen sozialen Status zusichern können, wenn wir sie missachten, empfehle ich dir unsere Webinare "Alltag mit Hund". Teil 1 kannst du dir als Aufzeichnung hier ansehen. Die Aufzeichnung von Teil 2 kannst du hier erwerben.