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Die Sache mit der Sozialverträglichkeit

Immer wieder muss ich mir von anderen Hundebesitzern die Frage stellen lassen: „Warum darf denn der arme Hund keine sozialen Kontakte haben?“ Aber woher wissen denn wildfremde Menschen wie oft und zu wie vielen anderen Hunden mein Hund Kontakte pflegt?

Hundebegegnungen sollten beide Seiten als angenehm empfinden

Spiel beruht auf Freiwilligkeit

Dieser unterschwellige Vorwurf anderer Menschen, dass man wohl was falsch gemacht hat in der Erziehung seines Hundes stresst viele Hundebesitzer. Aber hat man wirklich versagt nur weil der eigene Hund nicht uneingeschränkt immer freundlich zu jedem anderen Hund oder auch Menschen ist?

Als Trainerhund hat meine wirklich sehr souveräne Hündin weitaus mehr Sozialkontakte als der „Durchschnittshund“. Genau das ist auch einer der Gründe warum ich ihr bei privaten Spaziergängen den Stress erspare, sich mit ihr unbekannten Hunden auseinandersetzen zu müssen. Denn nichts anderes als Stress bedeutet es, wenn sich zwei Hunde, die einander bisher nie begegnet sind, kennenlernen. Das heißt natürlich nicht, dass man das nie zulassen soll. Stress gehört zum Leben! Aber wenn sich zwei Individuen treffen, ob Hund, Mensch oder anderes Lebewesen, dann muss man sich zuerst mal gegenseitig einschätzen. Es müssen in kürzester Zeit Dinge geklärt werden wie: Sympathie, Stimmung, Situation. Je unsicherer man von seinem Naturell her ist umso unangenehmer fühlt man sich.

Schauen wir uns nun unsere Hunde an, sehen wir ein Raubtier das eng verwandt ist mit dem Wolf. Treffen die sich denn regelmäßig mit benachbarten Rudeln zum Spielen oder Kaffee trinken? Nein. Das heißt sie sind von Natur aus weniger gesellig als wir Menschen. Somit fordern wir von unseren Hunden eine höhere Sozialkompetenz, als wir Menschen sie haben. Denn wer geht schon durch eine Fußgängerzone und quatscht jeden Menschen freundlich an? Das aber wiederum erwarten viele Halter von ihren und auch sonst allen Hunden.

Was genau ist nun diese Sozialverträglichkeit?

Die Definition für mich lautet: Ein sozial verträglicher Hund verhält sich neutral gegenüber allen Situationen des Alltags.

Das ist alles andere als selbstverständlich. Und es bedeutet je nach Hund ein Mindestmaß bis hin zu einem hohen Maß an Grunderziehung und Orientierung am führenden Menschen. Auch ist Respekt gegenüber den Wünschen und Bedürfnissen des jeweiligen Hundes unabdingbar. Man kann zum Beispiel die Verträglichkeit oder auch Freundschaft zu anderen Hunden dem eigenen Hund nicht anerziehen. Auch Hunde haben das Recht, andere Hunde nicht leiden zu können. Mit Erziehung kann ich aber erreichen, dass er lernt, Konflikte zu vermeiden. Dazu muss der Mensch aber akzeptieren, dass ein Abstand eingehalten werden muss. Auch als Hundehalter muss man lernen, Situationen zu managen und somit die Individualdistanz für seinen Hund zu sichern.

Nicht alle Hunde spielen

Sogar nur sehr wenige Hunde spielen tatsächlich. Meist nur sehr junge Hunde oder solche, die sich gut kennen, also sehr vertraut miteinander sind. Viele Menschen empfinden ein Zusammentreffen des eigenen Hundes mit anderen Hunden als „schönes Spiel“. Aber oft ist dies nur ein Abschätzen der anderen Hunde, das großen Stress für alle beteiligten Hunde bedeutet. Und ganz schnell wird dann aus einem eigentlich doch so schönen Spiel – für den Menschen völlig unerwartet – eine ernsthafte Auseinandersetzung.

Den eigenen Hund lesen lernen

Daher müssen alle Hundehalter lernen, die Körpersprache ihres Hundes zu lesen. Dies ist aufgrund der schnellen Abläufe und Wechsel beim Spiel von Hunden oft nicht einfach. In unseren Seminaren zum Thema Körpersprache & Kommunikation schulen wir Hundehalter darin zu erkennen, ob es sich wirklich um ein ausgeglichenes Spiel handelt oder doch vielleicht eine andere Motivation im Vordergrund steht.

Die Sozialverträglichkeit beginnt beim Menschen

Das soll heißen, dass ich als Mensch mit meinem Hund durch die Welt gehe mit der Absicht niemanden zu stören oder zu belästigen. Rücksichtnahme auf andere (Menschen, als auch Hunde) ist oberstes Gebot. Hierzu gehört durchaus auch eine gute Grunderziehung des eigenen Hundes. Diese ist eine reine Trainingssache, die zugegebenermaßen bei manchen Hunden einfach und bei anderen aufwendiger ist. Dennoch vergrößere ich durch gute Erziehung (Ansprechbarkeit, zuverlässiger Rückruf, Impulskontrolle) die Freiheiten meines Hundes. Da muss Arbeitszeit rein investiert werden die sich aber nach konsequentem Training durchaus lohnt.

Denn: Welcher Hundehalter freut sich nicht über die Aussage anderer, dass der eigene Hund aber wirklich gut erzogen und gehorsam ist?