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Fellnase des Monats: Myszka

Kannte nichts, aber wollte alles lernen: die wunderbare Myszka
Der Anfang: Myszka fürchtete ständig, der Himmel fiele auf sie ...
Das Apportieren liebte sie bis zum Schluss
Kuschelig: Zuletzt holte sich Myszka sogar von fremden Menschen Streicheleinheiten

Als ich Myszka zum ersten Mal sah, war sie ein Bündel Angst. Rundrücken, die Rute fest eingeklemmt, angespannte, zitternde Muskeln und weit aufgerissene Augen – so kauerte sich die damals vierjährige Hündin auf meinem Trainingsgelände in Ecke und bot ein herzzerreißendes Bild. Neben mir saß Ewa auf einem Klappstuhl und hielt locker die lange Leine fest, die sie mit Myszka verband. Sie hatte sie gerade erst aus dem Tierheim Ludwigsburg zu sich geholt. Und ich wusste, dass dies die beste Chance für Myszka sein würde, ein schönes Hundeleben zu führen. Denn Ewa hatte bereits Erfahrung mit ängstlichen Hunden, und ihr Einfühlungsvermögen und ihre Geduld sind ein Geschenk. Ich bin sehr froh und dankbar, dass ich Ewa und Myszka über so viele Jahre begleiten durfte. Im April 2024 hat Myszka ihre letzte Reise angetreten. Als eine Hündin, die eine erstaunliche, wundervolle Entwicklung hinter sich hatte. Das hier ist ihre Geschichte. Ewa erzählt …

Laut ihrem ungarischen Impfpass kam Myszka als Rotti-Mix am 26.03.2010 auf die Welt. Kastriert wurde sie bereits im August 2010. Über eine Wiener Organisation kam sie in den Westen. Ab etwa Dezember 2010 war sie im Tierheim Ludwigsburg, und ich entdeckte sie 2014 über die Website.

Sie war mit einem weiteren Hund untergebracht und galt als sehr menschenscheu, deshalb brachte ich bei den ersten Spaziergängen eine Schleppleine mit, um ihr mehr Abstand zu mir zu ermöglichen. Beim ersten Spaziergang ging eine Trainerin vom Tierheim mit, sagte aber danach, dass sie mir vertraut und von da ging ich mit Mandy (so hieß sie damals) alleine spazieren. Warum hat sie mir vertraute? Weil ich Sandra gelernt habe, mit unsicheren Hunden zu kommunizieren, da ich schon mit meiner ersten Hündin bei ihr im Training war. Ich fasste Myszka nicht an, rief sie leise und warf ab und zu einen Keks auf den Boden.

Als ich beschloss, sie mitzunehmen, stellte sich heraus, dass sie Autofahren nicht kennt. Da ich regelmäßig TV-Sendungen mit Martin Rütter geschaut habe, hatte ich einen Plan, wie man Mandy ans Auto gewöhnen könnte. Drei Wochen lang fuhr ich täglich nach Ludwigsburg und arbeitete mit ihr. Ende August 2014 nahm ich sie dann mit nach Hause.
Vorsichtshalber ließ ich in der Wohnung immer nur einen Raum offen, weil Myszka (Myszka heißt Mäuschen auf Polnisch) die Tendenz hatte, dunkle Ecken zu suchen und sich darin zu verstecken.

Beim ersten Treffen mit Sandra erhielt ich Tipp, wie ich Myszkas Vertrauen gewinnen konnte. Vertrauen gewinnen heißt nicht zwei Wochen Übung und der Hund ist entspannt, sondern rund um die Uhr zu kommunizieren, dass sie sich entspannen kann und keine Entscheidungen treffen muss.

Myszka kannte nicht viel, nicht einmal den Wald - vor dem fürchtete sie sich anfangs sehr. In der Umgebung des Tierheims gab es nur Wiesen. Sie kannte Pferde, Fahrradfahrer und Autos. Leckerlis draußen anzunehmen, war lange nicht möglich für sie, und dies gab mir stets Aufschluss über ihren mentalen Zustand.

Es war nicht machbar, mit ihr ruhig durch eine Tür zu gehen, weil sie immer nach vorne schoss und weg wollte. Also übte ich mit ihr Impulskontrolle. Ich leitete damals eine Musikschule und hatte ein eigenes Büro, doch der Weg dorthin führte durch das Treppenhaus voller Erwachsener und Kinder, die alle den Hund ansprechen und anfassen wollten. Mir war klar, dass dies ein echtes Problem darstellte. Daher gewöhnte ich sie noch vor Schuljahrbeginn an einen Maulkorb. Bei Spaziergängen hatte ich bereits die Erfahrung gemacht, dass Myszka im Falle einer Annäherung durch einen fremden Menschen wie ein Rottweiler knurrte und nach vorne schoss. In der Schule ging ich dann stets schnurstracks durchs Haus und blieb niemals stehen, so dass meine Hündin keinen Anlass hatte, sich bedroht oder bedrängt zu fühlen. Den Maulkorb habe ich nie gebraucht.
Es war eine aufregende Zeit, in der ich gelernt habe, auf Knopfdruck ruhig zu sein und diese Ruhe auch zu vermitteln.

Das Training mit Myszka war nicht einfach, aber mit Sandras Hilde machte Myszka Fortschritte. Ich erinnere mich noch an das erste Apportiertraining bei dir … Bis zum ihrem letzten Lebenstag liebte es Myszka, versteckte Gegenstände aufzuspüren und stolz zu mir zu bringen. Nach Heikes Nasenarbeitskurs hatte ich im Auto das inzwischen uralte „Kamillengläschen“, das Mausi sehr gerne und unglaublich ausdauernd suchte.

Ich lernte bei Sandra auch, die Ängste meiner Hündin rechtzeitig zu bemerken, selbst nach vorne zu gehen und ihr zu zeigen, dass sie mir vertrauen kann und dass ein Traktor, ein Hydrant oder eine Mülltonne nicht gefährlich sind.

Das Trailen gab ihr die Gelegenheit, immer wieder fremden Menschen zu begegnen und zu erleben, dass Fremde nicht bedrohlich sind. Ganz im Gegenteil - sie hatten immer leckere Sachen dabei. Ich machte mit Myszka keine Prüfungen, aber Mantrailing half ihr enorm. Beim Trail lerne sie sogar, Kinderstimmen zu ignorieren. Denn Kinder fand sie gruselig.
In ihrem letzten Jahr ging sie sogar auf Fremde zu und nahm Kontakt auf, sofern die Leute erst mal nichts von ihr wollten.

Ihr Vertrauen war so stark, dass ich sie überall frei laufen lassen konnte, weil sie bei überraschenden Begegnungen immer nachfragte, was zu tun sei. Sie hatte gelernt, Katzen, Eichhörnchen, Rehe und sonstiges Getier zu ignorieren, weil die Beschäftigung mit mir spannender war.
Sie entwickelte bis zum Schluss immer mehr Vertrauen in die Welt, und das habe ich Sandra zu verdanken.

Vor drei Jahren wurde Myszka am Kehlkopf operiert. Leider schritt die Lähmung in der letzten Zeit immer weiter fort und ich ließ sie gehen, um ihr die Luftnot zu ersparen.
Was bleibt, ist die Erinnerung an eine Hündin, die einen schlechten Start ins Leben hatte, aber dann noch ein glückliches Leben führen konnte.