Therapiehund Hannes: Ein Beispiel aus dem Alltag
Malte
Malte ist ein zweijähriger Junge, der oft von Hannes besucht wird. Seine Mutter hat aus Maltes Sicht einen Brief verfasst, den ich auf Nachfrage gerne an dieser Stelle veröffentlichen darf:
„Ich bin Malte. Ich bin schon fast zwei Jahre alt und habe seit meiner Geburt das Menkes - Syndrom. Das ist eine Kupferstoffwechselerkrankung, welche leider nicht heilbar ist.
Ich mache immer kleine Fortschritte in meiner Motorik und besonders in meiner Wahrnehmungsentwicklung. Alleine sitzen, krabbeln und mich drehen kann ich aber nicht. Außerdem habe ich durch die Erkrankung Epilepsie.
Im Dezember 2013 lernten Mama und ich dann Hannes und Sandra im ambulanten Kinderhospiz Hamm kennen. Erst war Mama glaube ich ganz schön skeptisch wie ich auf Hannes reagiere, weil ich bis dahin einem Hund noch nie so nahe gekommen war (und Hannes ist ja auch kein Schoßhündchen!). Aber schnell merkten alle, dass mir der Kontakt zu Hannes gefällt. Langsam öffnete ich meine Hände und fing an Hannes, mit Mamas Hilfe, zu streicheln. Ich entspannte mich und dann sind Hannes und ich zusammen eingeschlafen.
Kürzlich haben wir uns wiedergetroffen. Bei Oma und Opa im Garten hatten wir viel Spaß. Diesmal hab ich mir Hannes erst mal ganz genau angesehen und fand es lustig als er mir meine Füße abgeleckt hat. Sandra hat dann Leckerlies in meinen Hosenbeinen versteckt und Hannes hat sie gesucht.
Wir haben wieder gekuschelt und sind auch zwischendurch mal kurz weggeschlummert. Als ich dann wach wurde war ich total zufrieden, was eher selten beim Wachwerden ist. Eigentlich muss ich dann erst langsam wieder „ankommen“. Das fanden Mama und Oma sehr beeindruckend.
Es war ein schöner Nachmittag an dem wir viel gelacht haben und Mama hat mit Sandra schon einen neuen Termin vereinbart. Ich freu mich jetzt schon drauf….“
Hannes
Ob Kindergarten, Schule oder Senioreneinrichtung: ein Therapiehund sollte flexibel und „bei der Arbeit“ stets „gut gelaunt“ sein. Im folgenden Artikel stelle ich Dir den Therapiehund Hannes vor. Zunächst möchte ich aber kurz auf den Unterschied zwischen Besuchshund und Therapiehund eingehen.
Ein Besuchshund wird z.B. in ein Seniorenheim oder in den Kindergarten mitgenommen. Weder Hund noch Mensch benötigt dafür eine spezielle Ausbildung. Allerdings sollten die mitgebrachten Hunde Erfahrung im Umgang mit fremden Menschen haben. Eine Person, die in vorn übergebeugter Haltung langsam einen Rollator vor sich her schiebt, kann sehr bedrohlich auf einen Hund wirken. Kinder, die laut und wild kreischend herumspringen oder fangen spielen, können den Jagdinstinkt im Hund auslösen. Daher sollte jeder ehrlich mit sich sein und gut überlegen ob der eigene Hund sich wirklich für solche Besuche eignet! Weiterhin sollten die Besitzer gut auf ihren Vierbeiner achten und ihn schützen, wenn ihm etwas zu viel wird.
Ein Therapiehund wird auf die Eignung seines zukünftigen Aufgabenfeldes von unabhängigen Institutionen überprüft und eingeschätzt. Der Besitzer sollte idealer Weise eine therapeutische oder pädagogische Ausbildung nachweisen können, denn auch die Vorbereitung auf mögliche Schwierigkeiten im Umgang mit den Teilnehmern ist sehr wichtig. Ein Therapiehund sollte motiviert sein, mit Menschen zusammen zu arbeiten und sozial verträglich gegenüber Artgenossen und weiteren Haustieren sein.
Der Therapiehund Hannes ist ein Flat Coated Retriever und mittlerweile 4 Jahre alt. Seine Besitzerin hat sich bereits vor der Anschaffung darüber Gedanken gemacht, welche Voraussetzungen ein Therapiehund haben sollte. Rasse, Züchter, Hundeschule und Therapiehundeausbildung wurden im Vorfeld gut ausgewählt.
Ein seriöser Züchter lässt seine Welpen bereits viel kennen lernen, damit diese später keine Angst vor Menschen, verschiedenen Gegenständen oder unbekannten Situationen haben. Die Präge-und Sozialisierungsphasen sind für einen Therapiehund von besonderer Bedeutung. Hannes durfte sogar schon als Welpe eine Kindertagesstätte kennen lernen und während der Ausbildung immer mal wieder dort trainieren.
Der Hundehalter wird in speziellen Ausbildungen darin geschult, die Signale seines Tieres zu deuten. Durch z.B. Gähnen, Blinzeln oder Vermeiden des Blickkontaktes zeigt der Hund, dass er sich in der Situation gerade nicht mehr wohl fühlt. Diese Signale muss der Hundehalter erkennen, um dann direkt zu handeln, indem er seinen Hund aus der Situation heraus nimmt. Dabei kann es schon helfen, wenn dieser kennen gelernt hat, sich auf einer mitgebrachten Decke in einer ruhigen Ecke zu entspannen. Daher gilt es zum Schutz des Tieres und der Teilnehmer, dass sämtliche Regeln im Umgang mit dem Hund vorab vermittelt und konsequent eingehalten werden. Hannes geht mittlerweile schon selbstständig auf seine Decke wenn er eine Pause braucht. Er weiß genau, dass dort niemand hinkommt und ihn z.B. streicheln möchte. Durch Regeln dieser Art vereinfacht sich die Arbeit mit Mensch und Hund enorm.
Die Ausbildung findet idealerweise im Team statt, so dass Halter und Hund als Einheit ausgebildet werden. Die Basisausbildung wird zunächst einmal in der Hundeschule absolviert. Sie umfasst das Erlernen von Grundsignalen wie „Sitz“, „Platz“, „Hier“, „Bleib“ Leinenführigkeit und das Einhalten von Regeln im Alltag. Hannes hat schnell gelernt, dass er kein Essen vom Tisch klauen oder dem Menschen Spielzeug aus der Hand wegschnappen darf. Bei der Therapiehundeausbildung wird das bis dahin Erlernte verfeinert, wie z.B. einen Gegenstand vom Boden aufzuheben und in den Schoß eines Menschen zulegen. Je nach Therapieeinsatz sind die Anforderungen sehr unterschiedlich. Nicht jeder Therapiehund ist für alle Einsatzbereiche geeignet.
Die Anforderungen an Halter und Hund sind sehr hoch. Vor Beginn jedes Einsatzes muss der Hundebesitzer sich über die jeweils rechtlichen Absicherungen informieren. Weiterhin ist es wichtig zu wissen, welchen Aufgabenschwerpunkt ein Projekt haben soll. Die Teilnehmer und Verantwortlichen müssen ebenfalls darauf vorbereitet werden. Hannes ist in unterschiedlichen Einrichtungen aktiv, und hat dort jeweils andere Aufgabenschwerpunkte:
Er vermittelt in Senioreneinrichtungen die Freude an der Zeit mit einem Tier und hilft beim sogenannten Antidemenztraining.
In Tageseinrichtungen oder auch in Schulen motiviert er beim Lernen. Hier wird der Focus auf das soziale Lernen, die Steigerung der Konzentrationsfähigkeit und der Motorik gelegt. Der richtige Umgang mit dem Hund im Alltag ist ebenfalls ein sehr wichtiger und wiederkehrender Baustein in den Projekten.
Bei therapeutischen Einheiten hilft Hannes seiner Halterin (Physiotherapeutin), indem er die kleinen und großen Patienten motiviert und viel Spaß durch gemeinsame Übungen in die Therapieeinheiten bringt. Es stellen sich häufig schnellere Erfolge durch die Anwesenheit des Hundes ein. Therapieziele sind z.B. die Regulation der Muskelspannung oder die Förderung auf sozial-emotionaler Ebene. Man kann sagen, dass Hannes als Türöffner die Zusammenarbeit mit vielen Menschen erleichtert. Das zeigt sich auch darin, dass die Enttäuschung beim Patienten direkt groß ist, wenn der Hund einmal nicht dabei sein kann.
Hannes besucht z.B. auch Kinder – so wie Malte - mit körperlichen und/oder geistigen Defiziten im ambulanten Kinderhospizdienst. Hier ist meistens gar nicht viel Aktivität gefragt, oft ist seine Anwesenheit ausreichend. Während solcher Einheiten liegt er meist ganz ruhig neben dem Kind, so dass dieses sich an ihn kuscheln kann. Das hört sich erst einmal „sehr leicht“ an. Aber für den Hund ist es eine enorme Anstrengung, sich so ruhig zu verhalten, wenn er z.B. gerade gar nicht müde ist und viel lieber herumtoben möchte. Es gehört viel Übung und Konzentration dazu, sich dann ganz ruhig zu verhalten. Da viele Kinder anfangs auch Angst vor einem unbekannten Hund haben, hat Hannes gelernt, auf die vorsichtigen Annäherungsversuche erst einmal ruhig zu bleiben. Würde er stürmisch auf das Kind zugehen oder gar anspringen, wäre das Vertrauen schnell dahin, da sich das Kind bedrängt fühlt und die Reaktion des Hundes nicht richtig einzuschätzen kann.
Alle Informationen über Hannes findest Du auch auf der Homepage unter www.perroactivo.de oder auf Facebook unter „Perroactivo – Hannes, ein Therapiehund unterwegs“